Aus dem BundesAnzeiger geplaudert
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Diese Entscheidung

25.10.2018

Kapitalanleger-Musterverfahren Deka vs. VW/Porsche: Keine Erweiterung des Verfahrens

Oberlandesgericht Braunschweig

3 Kap 1/16

In dem Kapitalanleger-Musterverfahren

Deka Investment GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Name entfernt und den Prokuristen Name entfernt, Mainzer Landstraße 16, 60325 Frankfurt am Main, Musterklägerin,

Verfahrensbevollmächtigte: TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt b. Tübingen,

gegen

1.

Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg, Musterbeklagte zu 1),

Verfahrensbevollmächtigte:

a)

Rechtsanwälte Göhmann & Kollegen, Ottmerstraße 1–2, 38102 Braunschweig,

b)

Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwalts AG, Otto-Beck-Straße 11, 68165 Mannheim

2.

Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart, Musterbeklagte zu 2),

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hengeler Mueller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt am Main,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäde, den Richter am Oberlandesgericht Stephan und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hoffmann am 23. Oktober 2018 beschlossen:

1. Die Anträge der Beigeladenen Name entfernt vom 24. September 2018 auf Erweiterung des Kapitalanleger-Musterverfahrens um die dort unter A 1. – 3. und B 1. – 3. aufgeführten weiteren Feststellungsziele werden zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

In den dem Musterverfahren zugrunde liegenden, beim Landgericht Braunschweig anhängigen Ausgangsverfahren machen die Kläger als Kapitalanleger gegen die Musterbeklagte zu 1) Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Verletzung von Mitteilungspflichten über Insiderinformationen sowie angeblich fehlerhafter Finanzberichterstattung im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgasskandal geltend. Zumindest drei dieser Ausgangsverfahren (5 O 255/17 – Verfahren der Beigeladenen Reisert -, 5 O 747/17 und 5 O 1158/17) richten sich auch gegen die Musterbeklagte zu 2), die als Mehrheitsgesellschafterin der Musterbeklagten zu 1) neben dieser auf Ersatz von angeblichen Schäden in von ihr herausgegebenen Vorzugsaktien (PSE-Aktien) in Anspruch genommen wird.

Das Landgericht Braunschweig hat die drei genannten Verfahren mit inhaltsgleichen Beschlüssen vom 21. Februar 2018 bzw. 8. März.2018 gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG im Hinblick auf das beim Senat anhängige Musterverfahren ausgesetzt. Die hiergegen zunächst erhobenen sofortigen Beschwerden hat die Musterbeklagte zu 2) zurückgenommen. Mit Beschluss vom 15. Juni 2018 hat der Senat bereits deklaratorisch festgestellt, dass die Porsche Automobil Holding SE durch die Aussetzung weitere Musterbeklagte (Musterbeklagte zu 2)) in diesem Musterverfahren geworden ist.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten (TILP Rechtsanwälte GmbH, Kirchentellsinfurt) vom 24. September 2018 haben die Beigeladenen Reisert im Hinblick auf die Musterbeklagte zu 2) folgende Erweiterungsanträge gemäß § 15 KapMuG gestellt:

Feststellungsziel A: Unmittelbare Betroffenheit

1. Die Beklagte ist als Holdinggesellschaft ohne operatives Geschäft verpflichtet, auch über publititätspflichtige Vorgänge der Volkswagen AG zu berichten.

2. Die Musterbeklagte ist von nachstehenden Vorgängen aus der Sphäre der Volkswagen AG, die ausschließlich die Geschäftstätigkeit der Volkswagen AG betreffen,

  • Veröffentlichung der ICCT-Studie am 15.05.2014
  • Inkenntnissetzung des vormaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, Herrn Prof. Dr. Martin Winterkorn, am 23.05.2014 mittels der sogenannten „WiKo-Post“;
  • Rückrufaktion im Dezember 2014;
  • Mitteilung der CARB an die Volkswagen AG vom 08.07.2015
  • Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware der Volkswagen AG gegenüber den US-Umweltbehörden am 03.09.2015


unmittelbar betroffen.

3. Für die Musterbeklagte besteht eine ad-hoc-Pflicht auch dann, wenn der für die Volkswagen AG ad-hoc-pflichtige Vorgang bei der Musterbeklagten zum Zeitpunkt des ad-hoc-pflichtigen Vorgangs keine über die nur reflexartige Vermittlung der wirtschaftlichen Folgen des ad-hoc-pflichtigen Vorgangs für die Volkswagen AG entsprechend der öffentlich bekannten Beteiligungsquote der Musterbeklagten an der Volkswagen AG hinausgehenden Folgen auslöst.

Feststellungsziel B: Wissenszurechnung

1. Für eine (zurechenbare) Kenntnis der Musterbeklagten von einer vermeintlich veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation als objektive Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs aus § 37b Abs. 1 WpHG ist die Klägerseite nicht darlegungs- und beweispflichtig.

2.

a) Der Musterbeklagten sind etwaige positive Kenntnisse von Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG, die zugleich Mitglieder des Vorstands der Musterbeklagten sind bzw. waren, aus deren Tätigkeit für die Volkswagen AG zuzurechnen.

b) Der Musterbeklagten sind etwaige positive Kenntnisse von Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG, die zugleich Mitglieder des Vorstandes der Musterbeklagten sind bzw. waren, aus deren Tätigkeit für die Volkswagen AG auch dann zuzurechnen, wenn für die Vorstandsmitglieder hinsichtlich dieser Kenntnisse Verschwiegenheitspflichten gegenüber der Volkswagen AG bestehen.

c) Der Musterbeklagten ist etwaiges, aufgrund von Wissenszurechnungsregeln fingiertes Wissen der Volkswagen AG über Tatsachen zuzurechnen, sofern Mitglieder des Vorstands der Volkswagen AG, die zum maßgeblichen Zeitpunkt zugleich Mitglieder des Vorstands der Musterbeklagten waren, positive Kenntnis von den betreffenden Tatsachen hatten.

3.

a) Aufgrund der bilateralen Vereinbarungen zwischen der Musterbeklagten und der Volkswagen AG war das durch Doppelmandatsträger in den jeweiligen Vorständen erlangte Insiderwissen beiden betroffenen Unternehmen zugänglich zu machen, soweit ein Recht zur Auskunft an den jeweiligen Vorstand bestand.

b) Musterbeklagte

Eine Weitergabe von Insiderinformationen von der Volkswagen AG an die Musterbeklagte war aufgrund der bestehenden bilateralen Vereinbarungen befugt, soweit die Mitteilung auf einem konzernrechtlichen bzw. kapitalmarktrechtlichen Recht zur Auskunft an den Vorstand des herrschenden Unternehmens beruht.

Feststellungsziel C: Falscher Geschäftsbericht 2009/2010

Der Geschäftsbericht der Musterbeklagten zu 2) für das Geschäftsjahr 2009/2010 ist falsch und unvollständig, weil in ihm wahrheitswidrig behauptet wird, dass die CleanDiesel-TDICommon-Rail-Motoren bereits die Euro-6-Abgasnorm erfüllen, die im Jahr 2014 in Kraft tritt.

Die Beigeladenen Reisert sind der Auffassung, die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 KapMuG zur Erweiterung des Musterverfahrens durch die vorstehenden Feststellungsziele lägen vor. Den Anlegerklagen wegen „Dieselgate“ gegenüber beiden Musterbeklagten liege insbesondere der gleiche Lebenssachverhalt im Sinne des KapMuG zugrunde. Sie haben hierzu in ihren Schriftsätzen vom 14. September 2018 und 24. September 2018 und - durch ihren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Tilp - im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2018 unter anderem ausgeführt:

Nehme man - wie der Senat im Hinweisbeschluss vom 15. Juni 2018 – grundsätzlich eine weite Auslegung des Lebenssachverhalts im Sinne des KapMuG an, mit der Folge, dass die Porsche SE im hiesigen Verfahren weitere Musterbeklagte sei, stelle es ein komisches Ergebnis dar, wenn gleichwohl keine Feststellungsziele gegenüber dieser und von dieser angebracht werden könnten. Ein solches Verständnis führe zu einer „Aufspaltung“ des vom KapMuG einheitlich verwendeten Begriffes „gleicher Lebenssachverhalt“. Es sei stets der gleiche Lebenssachverhalt, welcher einerseits einer Aussetzungsentscheidung gemäß § 8 KapMuG zugrunde liege wie andererseits einer Erweiterung nach § 15 KapMuG. Maßgeblich sei hierfür weder die Identität des Emittenten noch des Informationsträgers. Für diesen Lebenssachverhalt komme es nicht darauf an, ob gleiche oder unterschiedliche Informationsträger (z.B. ad-hoc-Mitteilungen, Prospekte, Geschäftsberichte) betroffen seien. Entscheidend sei vielmehr allein, dass die in den Informationsträgern enthaltenen Informationen den gleichen Lebenssachverhalt beträfen. Die Beurteilung, ob der gleiche Lebenssachverhalt betroffen sei, richte sich mit anderen Worten nach dem „underlying“ der jeweiligen Informationsträger (ggf. auch unterschiedlicher Emittenten).

Würde man Erweiterungsanträge, die nur die Musterbeklagte zu 2) betreffen, nicht zulassen, würde man den Beteiligten im Kapitalanleger-Musterverfahren im Ergebnis prozessual weniger geben, als in einem ZPO-Verfahren ohne KapMuG. In einem ZPO-Verfahren müsste sich das Gericht mit sämtlichen Fragen beschäftigen.

Es stelle sich zudem die Frage, ob allein die Musterbeklagte zu 2. betreffende Feststellungsziele Gegenstand eines weiteren Musterverfahrens sein könnten. Ein weiterer Vorlagebeschluss könnte nämlich im Hinblick auf den gleichen Lebenssachverhalt gemäß § 7 KapMuG gesperrt sein. Dies könnte zu der Konsequenz führen, dass im Hinblick auf rechtstatsächliche „Vorfragen“ zwar Bindungswirkung aufgrund des vorliegenden Musterverfahrens bestehe, man die wirklich interessierenden Haftungsfragen gegenüber der Porsche SE aber gegebenenfalls erst in zehn Jahren zu verhandeln beginne.

Schließlich seien die sachlichen wie rechtlichen Haftungsfragen gegenüber beiden Musterbeklagten auch deshalb eng verklammert, weil sich die Haftung der Musterbeklagten zu 1) nicht nur aus originären Pflichtverletzungen als „Haupttäterin“, sondern auch aus ihrer Beihilfe zu kapitalmarktrechtlichen Pflichtverletzungen der Musterbeklagten zu 2) ergebe. Würde man insoweit gleichwohl von verschiedenen Lebenssachverhalten ausgehen, würden die verklammerten Haftungsfragen entgegen dem Telos der Regelungen des KapMuG in verschiedenen Musterverfahren zu klären sein. Es drohten dann divergierende Entscheidungen und mehrfache Beweisaufnahmen zu identischen Tatsachenfragen.

Dies entspricht auch der Rechtsauffassung der Musterklägerin.

Die Musterbeklagte zu 2) vertritt demgegenüber die Ansicht, dass Erweiterungsanträge, die nur die Musterbeklagte zu 2) betreffen, unzulässig seien, da sie sich nicht auf denselben Lebenssachverhalt des vorliegenden Musterverfahrens beziehen würden (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2018, Seite 7).

II.

Das vorliegende Kapitalanleger-Musterverfahren ist nicht um die mit Schriftsatz der Beigeladenen Reisert vom 24. September 2018 formulierten weiteren Feststellungsziele zu A 1. – 3. und B 1. – 3. zu erweitern. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG liegen nicht vor.

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG erweitert das Oberlandesgericht das Musterverfahren um weitere Feststellungsziele, soweit die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt.

Der Lebenssachverhalt ist - wie der Senat bereits in den Beschlüssen vom 15. Juni 2018 und 15. August 2018 ausgeführt hat - in natürlicher Weise nach dem Kernpunkt der zugrundeliegenden Rechtsstreitigkeiten zu erfassen. Der Lebenssachverhalt ist dabei zwar weit zu verstehen, da das KapMuG dem Musterverfahren einen möglichst weiten Anwendungsbereich verschaffen wollte (Vollkommer, in: KK-KapMuG, a. a. O., § 6 Rn. 8; ebenfalls darauf abstellend LG Hannover Vorlagebeschluss vom 13. April 2016, Az. 18 OH 2/16). Das weite Verständnis des Begriffs „einheitlicher Lebenssachverhalt“ kann allerdings nicht dazu führen, dass mit einem Erweiterungsantrag ein Sachverhalt in das Verfahren „hineingetragen“ wird, der nicht bereits in den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses oder der darin gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG enthaltenen Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts angelegt ist. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG verlangt vielmehr einen Gleichlauf zwischen dem Vorlagebeschluss und der Erweiterung des Musterverfahrens (vgl. Vollkommer, in KK-KapMuG, a. a. O., § 15 Rn. 13, 15; Kruis, in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG, Rn. 14).

2. Nach diesen Maßgaben betreffen die weiteren Feststellungsziele aus dem Schriftsatz vom 24. September 2018 nicht den gleichen Lebenssachverhalt, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt.

a) Entscheidender Kernpunkt der dem hiesigen Musterverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreitigkeiten ist das Geschehen bei der Musterbeklagten zu 1) im Zusammenhang mit der sogenannten „Dieselthematik", insbesondere im Hinblick auf Insiderinformationen im Sinne von § 13 WpHG a. F.. Dieser Kernpunkt ist zugleich Kernpunkt der in den drei ausgesetzten Verfahren gegen die Musterbeklagte zu 2) u. a. von den Beigeladenen Reisert geltend gemachten Ansprüche. Ohne das Geschehen bei der Musterbeklagten zu 1), das Grundlage der Ansprüche gegen die Musterbeklagte zu 2) ist, wären Ansprüche gegen die Musterbeklagte zu 2) aufgrund des „Dieselskandals" von vornherein ausgeschlossen (Senat, Beschluss vom 15. Juni 2018 – 3 Kap 1/16).

Eine Insiderinformation kann sich schon nach der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. auf mehrere Emittenten von Insiderpapieren beziehen. Die die Insiderinformation bildenden nicht öffentlich bekannten Umstände sind im vorliegenden Fall unabhängig davon, auf welchen der in Anspruch genommenen Emittenten sie sich beziehen, dieselben. Sie konturieren den Lebenssachverhalt, der auf das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 KapMuG zu überprüfen ist. Bildet dasselbe Geschehen die tatsächliche Grundlage für Insiderinformationen bei unterschiedlichen Emittenten, ist es nur konsequent, auch bei der Betroffenheit verschiedener Emittenten im vorliegenden Fall vom gleichen Lebenssachverhalt auszugehen und die Vorgreiflichkeit des hiesigen Musterverfahrens für die vom Landgericht Braunschweig ausgesetzten Rechtsstreitigkeiten insgesamt zu bejahen (Senat, a.a.O.).

Auf die Identität des (potentiellen) Informationsträgers (etwa der [unterlassenen] ad-hoc-Mitteilung) kann es hingegen nicht entscheidend ankommen (entgegen LG Stuttgart, Beschluss vom 28. Februar 2017 – 22 AR 1/17 Kap -, Rn. 109 ff.; Reuschle in: Wieczorek/Schütze, a. a. O., § 7 KapMuG Rn. 11 ff.). Würde man den Lebenssachverhalt anhand des Informationsträgers abgrenzen, würde dies dazu führen, dass über den den Informationsträgern zugrunde liegenden zumindest teilidentischen Sachverhalt in unterschiedlichen Musterverfahren entschieden werden müsste. Es drohten – entgegen dem Zweck des KapMuG – doppelte Beweisaufnahmen und divergierende Entscheidungen.

Hieraus folgt aber nicht, dass sämtliche weiteren rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer Haftung der Musterbeklagten zu 2), die ihren Ursprung im gleichen Kerngeschehen haben, den gleichen Lebenssachverhalt i. S .d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG betreffen. Diese Fragestellungen betreffen nämlich gerade nicht das Geschehen bei der Musterbeklagten zu 1). Die für eine (etwaige) Haftung der Musterbeklagten zu 2) maßgeblichen Umstände gehen vielmehr in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht deutlich hierüber hinaus, namentlich im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der eigenen unmittelbaren Betroffenheit und insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Wissenszurechnung von sog. Doppelmandatsträgern unter Berücksichtigung etwaiger Verschwiegenheitspflichten der betroffenen Personen.

b) Die aus den vorstehenden Ausführungen folgende Auslegung des Begriffs des gleichen Lebenssachverhalts im Sinne des KapMuG trägt dem mit dem KapMuG verfolgten Ziel der Gewährung möglichst effektiven Rechtsschutzes (vgl. hierzu Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drs. 15/5091, S. 16) am besten Rechnung.

Den Beteiligten eines Musterverfahrens wird nämlich nicht per se dadurch effektiverer Rechtsschutz gewährt, dass alle nur irgendwie mit dem Kerngeschehen verknüpften Feststellungsziele in einem Kapitalanleger-Musterverfahren gebündelt werden. Dies zeigt im vorliegenden Fall die Perspektive des erheblichen Anteils der Beigeladenen, die Ansprüche allein aus dem unmittelbaren Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) herleiten. Je mehr Fragestellungen über dieses Kerngeschehen hinaus abzuarbeiten sind, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich hierdurch das Musterverfahren verzögert und ggf. auch höhere Kosten verursacht werden. In Bezug auf solche Beteiligten wird der Rechtschutz dadurch am effektivsten gestaltet, dass das Musterverfahren möglichst handhabbar bleibt und in möglichst angemessener Zeit abgeschlossen werden kann. Dem stünde die von den Beigeladenen Reisert vertretene Auslegung des Lebenssachverhaltsbegriffs entgegen. Danach könnten sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen in Bezug auf eine (etwaige) Haftung von Emittenten anderer Finanzinstrumente zum Gegenstand des hiesigen Musterverfahrens gemacht werden, solange diese nur ihren Ursprung in dem Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) haben. Eine solche (potentielle) Überfrachtung eines Musterverfahrens entspricht – wie dargestellt – gerade nicht dem Zweck des KapMuG.

3. Die von den Beigeladenen Reisert sowie der Musterklägerin hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

a) Eine andere Bewertung ergibt sich zunächst nicht aus dem Zusammenspiel von § 8 und § 15 KapMuG. Gemäß § 8 KapMuG setzt das Prozessgericht von Amts wegen alle bereits anhängigen oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Festsetzungsziele im Musterverfahren noch anhängig werdenden Verfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Vorgreiflichkeit in diesem Sinn liegt nur vor, wenn bei einer natürlichen Betrachtung der gleiche Lebenssachverhalt wie im Musterverfahren zur Entscheidung steht (Senat, Beschluss vom 15. Juni 2018; Kruis, KK-KapMuG, 2. Aufl., § 8 Rn. 30; Fullenkamp, in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 7 Rn. 7). Die vorgenannte Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn nur ein Teil des haftungsbegründenden Sachverhalts des Ausgangsverfahrens den gleichen Lebenssachverhalt betrifft, wie das Musterverfahren. Liegt dem Musterverfahren mit anderen Worten ein Sachverhalt zugrunde, der Bestandteil der haftungsbegründenden Umstände des Ausgangsverfahrens ist, ist Vorgreiflichkeit i. S. d. § 8 Abs. 1 KapMuG anzunehmen. Die Ausgangsverfahren sind auszusetzen mit der Folge, dass die Prozessgerichte gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 KapMuG an das Ergebnis des Musterverfahrens gebunden sind. Insoweit drohen weder widersprüchliche Entscheidungen noch eine doppelte Beweisaufnahme.

Hieraus folgt aber nicht zugleich, dass sämtliche für dieses Ausgangsverfahren relevanten Tatsachen- und Rechtsfragen den gleichen Lebenssachverhalt betreffen müssen und deshalb (unter der Voraussetzung der sog. „Breitenwirkung“ gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG) zulässiger Gegenstand eines Erweiterungsantrags gemäß § 15 KapMuG sein können. Zwar kann für solche Verfahren nach dem Wortlaut des § 7 KapMuG auch bei Vorliegen des erforderlichen Quorums kein weiteres Musterverfahren angestrengt werden. Gemäß § 7 KapMuG ist mit Erlass eines Vorlagebeschlusses nämlich die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzenden Verfahren unzulässig. Den Klägern der Ausgangsverfahren würde aber kein unzumutbarer Nachteil dadurch entstehen, dass ein etwaiges weiteres Musterverfahren erst nach Beendigung des ursprünglichen Musterverfahrens durchgeführt werden könnte. Die Haftungsfragen hängen in dieser Konstellation von den im ersten Musterverfahren zu klärenden Tatsachen- und Rechtsfragen (bzw. Teilen hiervon) ab. Gerade hieraus folgt dessen Vorgreiflichkeit für die Ausgangsverfahren. Setzt aber eine mögliche Haftung ohnehin zwingend die Beantwortung der dort aufgeworfenen Fragen (bzw. Teilen hiervon) voraus, entsteht den Klägern der Ausgangsverfahren kein wesentlicher Nachteil, wenn diese Fragen auch vorab beantwortet werden würden.

b) Auch der von den Beigeladenen angeführte Aspekt, man gebe den Beteiligten im Kapitalanleger-Musterverfahren im Ergebnis prozessual weniger als in einem ZPO-Verfahren ohne KapMuG, greift nicht durch. Das Kapitalanleger-Musterverfahren ist darauf angelegt, dass den Beteiligten partiell „weniger gegeben wird“ als im ZPO-Verfahren. Dies folgt bereits aus der erforderlichen sog. Breitenwirkung der Feststellungsziele (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG). Unabhängig davon führt die Auslegung des Senats aber auch nicht dazu, dass weitere – nur die Musterbeklagte zu 2) betreffende – Feststellungsziele nicht im Rahmen eines Musterverfahrens geklärt werden können. Dies ist vielmehr – nach Abschluss des ersten Musterverfahrens - der Fall. Die sukzessive Durchführung der Musterverfahren stellt - wie ausgeführt - keine unzumutbare Benachteiligung dar.

Diesem Verständnis steht auch nicht der in der Begründung des Gesetzentwurfs vom 14. März 2005 (BT-Drucks. 15/5091, S. 24) zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille entgegen. Dort heißt es zu § 5 des Entwurfs (dieser entspricht dem heutigen § 7 S. 1 KapMuG):

„Damit sollen parallel (Hervorh. durch den Senat) laufende Musterverfahren aus prozessökonomischen Gründen vermieden werden. [….] Deshalb erscheint es sinnvoll, dass die Rechtsstreite von den Prozessgerichten gemäß § 7 KapMuG-E ausgesetzt werden müssen, ohne dass die Feststellung des Vorliegens weiterer Anspruchsvoraussetzungen einem Oberlandesgericht vorgelegt wird. Deren Vorliegen kann während der Dauer eines Musterverfahrens (Hervorh. durch den Senat) nur durch eine Erweiterung des Gegenstandes des Musterverfahrens gemäß §13 Satz 2 KapMuG-E festgestellt werden.“

Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber durchaus die Möglichkeit gesehen hat, dass nach Abschluss eines Musterverfahrens ein weiteres Musterverfahren initiiert werden könnte. Sukzessiv durchgeführte Musterverfahren sind vor diesem Hintergrund nicht per se zu vermeiden. Solche stellen auch nicht per se eine Beeinträchtigung der Effektivität des Rechtsschutzes dar. Vielmehr kann eine Abwägung der insoweit unter Umständen auch gegenläufigen Interessen unterschiedlicher Gruppen anspruchstellender Beteiligter eines Musterverfahrens dazu führen, dass eine extensive Auslegung des Begriffs des einheitlichen Lebenssachverhalts und eine hieraus folgende (drohende) Überfrachtung eines Musterverfahrens mit Feststellungszielen den effektiven Rechtsschutz der Mehrheit der anspruchstellenden Beteiligten beeinträchtigen und damit dem Sinn und Zweck des KapMuG entgegenstehen kann (s.o.).

c) Schließlich folgt eine andere Bewertung auch nicht daraus, dass eine Haftung der Musterbeklagten zu 1) - nach Auffassung der Musterklägerin – nicht nur aus originären Pflichtverletzungen als „Haupttäterin“, sondern auch aus Beihilfe zu kapitalmarktrechtlichen Pflichtverletzungen der Musterbeklagten zu 2) in Betracht kommt. Soweit eine solche Haftung von rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen abhängt, die dem oben definierten Kerngeschehen zuzuordnen sind, betreffen sie den gleichen Lebenssachverhalt, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt. Soweit die Haftung - aufgrund ihrer Akzessorietät – von rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen abhängt, die nur für die Haftung der Musterbeklagten zu 2) relevant sind, betreffen diese nach den oben dargestellten Grundsätzen einen anderen Lebenssachverhalt. Dieses Ergebnis widerspricht nicht dem Zweck des KapMuG. Tatsachen- und Rechtsfragen, die das Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) betreffen, werden mit Bindungswirkung gegenüber sämtlichen Beteiligten des Musterverfahrens entschieden. Sie können nicht zum Gegenstand eines weiteren oder nachfolgenden Musterverfahrens gemacht werden. Es drohen insoweit weder eine doppelte Beweisaufnahme noch divergierende Entscheidungen. Tatsachen- und Rechtsfragen, die ausschließlich die Haftung der Musterbeklagten zu 2) betreffen, sind nicht Gegenstand dieses ersten Musterverfahrens. Sie werden ausschließlich in einem etwaigen weiteren Musterverfahren geklärt. Auch insoweit drohen keine doppelte Beweisaufnahme oder divergierende Entscheidungen. Hieraus folgt zugleich, dass eine mögliche Haftung der Musterbeklagten zu 1), die - als akzessorische Haftung – von einer rechtswidrigen Handlung der Musterbeklagten zu 2) abhängt, nur Gegenstand dieses zweiten Musterverfahrens sein kann, soweit eben diese Fragestellungen betroffen sind. Auch insoweit würden dann keine divergierenden Entscheidungen drohen.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen.

1. Die Möglichkeit zur Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3. Fall ZPO. Dieser gilt auch im Fall der Zurückweisung eines Erweiterungsantrags im Kapitalanleger-Musterverfahren (Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 25; Kruis, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 15 Rn. 10; hiervon geht offenbar auch das OLG München aus [Beschl. v. 15.12.2014 – Kap 3/10, NZG 2015, 399, 400]). Das Oberlandesgericht entscheidet im Musterverfahren „im ersten Rechtszug“ (vgl. Vollkommer, in KK-KapMuG, § 11 Fußn. 20).

2. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 574 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann (vgl. statt vieler nur BGH, Beschluss vom 1.10.2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182). Dies ist bei der Frage der Auslegung des Begriffs des einheitlichen Lebenssachverhalts im Sinne des KapMuG der Fall. Diese Auslegung entscheidet darüber, ob gleichgerichtete Musterverfahrensanträge vorliegen (§ 4 Abs. 1 KapMuG) und damit über die Frage, ob das für einen Vorlagebeschluss nötige Quorum erreicht ist (§ 6 Abs. 1 KapMuG), welchen Umfang die Sperrwirkung gemäß § 7 S. 1 KapMuG hat und in welchem Umfang Erweiterungsanträge möglich sind (§ 15 KapMuG). Diese Auslegungsfrage kann sich vor diesem Hintergrund in jedem Kapitalanleger-Musterverfahren stellen und ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.

3. Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Die Erweiterungsanträge sind nicht aus anderen Gründen zurückzuweisen.

a) Die Erweiterungsanträge sind insbesondere nicht schon gemäß § 7 Abs. 1 KapMuG im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28. Februar 2017 – 22 AR 1/17 Kap - zurückzuweisen. Zwar enthält der Vorlagebeschluss anspruchsbegründende Voraussetzungen der Haftung der Musterbeklagten zu 2). Diese betreffen den gleichen Lebenssachverhalt wie die Erweiterungsanträge im hiesigen Verfahren. Sofern man der Auslegung des Begriffs des einheitlichen Lebenssachverhalts der Beigeladenen Reisert folgen würde, beträfe der Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart aber auch den gleichen Lebenssachverhalt wie der zuvor ergangene Vorlagebeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 05.08.2016. Die Argumentation der Beigeladenen Reisert ist darauf gerichtet, dass die Haftungsfragen gegenüber der Musterbeklagten zu 1) und der Musterbeklagten zu 2) zu einem einheitlichen Lebenssachverhalt verwoben sind. Dann würde aber der Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart den gleichen Lebenssachverhalt betreffen wie der Vorlagebeschluss des Landgerichts Braunschweig. Dies hätte zur Folge, dass bereits der Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart gemäß § 7 S. 2 KapMuG nicht bindend wäre. Auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Beigeladenen wäre dann eine Erweiterung des vorliegenden Musterverfahrens um die allein die Musterbeklagte zu 2) betreffenden Feststellungsziele möglich.

b) Es liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 15 KapMuG vor.

aa) Voraussetzung für einen Erweiterungsantrag nach § 15 KapMuG ist, dass der Individualrechtsstreit des Antragstellers von dem zusätzlich zu klärenden Feststellungsziel abhängt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG). Dabei genügt es, wenn dies für das Oberlandesgericht zumindest plausibel ist. Eine Prüfung des Ausgangsverfahrens im Einzelnen, das dem Oberlandesgericht nicht vorliegt, obliegt ihm nicht. Daher ist auch keine Beiziehung der Verfahrensakte des Prozessgerichts angezeigt (vgl. Vollkommer, KK-KapMuG, § 15 Rn. 14).

Für den Senat ist plausibel, dass das gegen die Musterbeklagte zu 2) gerichtete Ausgangsverfahren der Beigeladenen Reisert von den zusätzlich zu klärenden Feststellungszielen abhängt. In Bezug auf die rechtliche Relevanz der Feststellungsziele zu A und B für eine mögliche Haftung der Musterbeklagten zu 2) wird auf die Ausführungen in den Randziffern 46 – 56 des von den Beigeladenen in Bezug genommenen Vorlagebeschlusseses des Landgerichts Stuttgart vom 28.02.2018 verwiesen.

bb) Die Erweiterungsanträge wären auch sachdienlich. Dabei kann auf die in § 3 Abs. 1 KapMuG genannten Kriterien zurückgegriffen werden (vgl. Vollkommer, in: KK-KapMuG, § 15 Rn. 17). Danach ist insbesondere erforderlich, dass den Anträgen Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten zukommt und dass diese nicht zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt sind (§ 3 Nr. 3 und Nr. 4 KapMuG).

Die in den Erweiterungsanträgen enthaltenen Feststellungsziele haben evident eine über das Verfahren der Beigeladenen Reisert hinausgehende Entscheidungserheblichkeit. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Anträge zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt wurden

Die Sachdienlichkeit der Erweiterungsanträge lässt sich auch nicht aufgrund allgemeiner Abwägungskriterien ablehnen. Für die Frage der Sachdienlichkeit kann auf die allgemeinen Grundsätze zu § 263 ZPO zurückgegriffen werden (vgl. Kruis, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 Rn. 18). Sachdienlichkeit ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Vorlagebeschluss, wären die weiteren Feststellungsziele bereits in den anfänglichen Musterverfahrensanträgen enthalten gewesen, eine planwidrige Lücke aufweisen würde (Kruis, a.a.O.). Insbesondere in der Anfangsphase eines Musterverfahrens wird das Tatbestandsmerkmal der Sachdienlichkeit in aller Regel nicht dazu führen können, dass ein Feststellungsziel, das vor Erlass des Vorlagebeschlusses zulässiger Gegenstand eines Musterverfahrensantrags gewesen wäre, im Rahmen eines Erweiterungsantrags nicht zugelassen werden muss. In dieser Phase führt ein Erweiterungsantrag nämlich nicht zu einer qualitativ anderen Situation als ein Musterverfahrensantrag, der bereits im Vorlagebeschluss enthalten war. Das Merkmal der Sachdienlichkeit kann vor diesem Hintergrund nur unter dem Gesichtspunkt der bereits angefallenen Verfahrensdauer und/oder etwaiger bereits durchgeführter Beweisaufnahmen Relevanz entfalten.

Nach diesen Maßgaben wären die ausschließlich gegen die Musterbeklagte zu 2) gerichteten Erweiterungsanträge zu A 1. – 3. und B 1. – 3. bei Annahme eines einheitlichen Lebenssachverhalts im vorliegenden Verfahren als sachdienlich zu bewerten.

IV.

Eine Entscheidung über den Erweiterungsantrag zu Feststellungsziel C: Falscher Geschäftsbericht 2009/2010, hat der Senat zunächst zurückgestellt. Insoweit wird noch zu prüfen sein, ob der bisherige Vortrag der Beigeladenen in diesem Musterverfahren ausreicht, um die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels zu beurteilen.

Dr. Jäde Stephan Dr. Hoffmann