Aus dem BundesAnzeiger geplaudert
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Diese Entscheidung

29.10.2018

Steinhoff International Holdings N.V.: Musterverfahrensantrag wegen fehlerhafter Jahresabschlüsse

Landgericht Frankfurt am Main

2. Zivilkammer

Frankfurt am Main, 23.10.2018

Aktenzeichen: 2-02 O 324/17

Es wird gebeten, bei allen Eingaben das vorstehende Aktenzeichen anzugeben Beschluss

In dem Rechtsstreit

Name entfernt Kläger

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt, Geschäftszeichen: 11798/17/KE/NoT

gegen

Steinhoff International Holdings N.V. vertr. d. Raad van Bestuur, Herengracht 466, NL 1017 CA Amsterdam - Niederlande, Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Linklaters LLP Taunusanlage 8, 60329 Frankfurt am Main, Gerichtsfach Nr. 310, Geschäftszeichen: L-270666 HRT/eys

soll gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG der folgende Musterverfahrensantrag im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) öffentlich bekannt gemacht werden:

I.

Beklagte Partei

Steinhoff International Holdings N.V. vertr. d. Raad van Bestuur, Herengracht 466, NL 1017 CA Amsterdam - Niederlande

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Linklaters LLP Taunusanlage 8, 60329 Frankfurt am Main,

II.

Von dem Musterverfahren betroffener Emittent von Wertpapieren oder Anbieter sonstiger Vermögensanlagen

Steinhoff International Holdings N.V. vertr. d. Raad van Bestuur, Herengracht 466, NL 1017 CA Amsterdam - Niederlande

III.

Prozessgericht

Landgericht Frankfurt am Main IV.

Aktenzeichen

2-02 O 324/17

V.

Feststellungsziele

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. (in der Fassung vor dem 03.07.2016) sowie gegen Art. 7 MAR verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, am 1. März 2016 sowie an jedem Folgetag bis zum 5. Dezember 2017 die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass sie am 29. Februar 2016 aufgrund einer fehlerhaften Bilanzierung falsche Bilanzzahlen veröffentlicht hat.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Kursdifferenzschaden pro Steinhoff-Aktie (ISIN NL0011375019) für jeden Handelstag ab dem 1. März 2016 bis zum 5. Dezember 2017 auf 80 Prozent des jeweiligen Erwerbskurses der Aktie beläuft.

3. Es wird festgestellt: Die Konzernabschlüsse der Steinhoff International Holdings Limited der Jahre 2013, 2014 und 2015 waren bis zum 05.12.2017 falsch.

4. Es wird festgestellt: Der Prospekt der Steinhoff International Holdings N.V. vom 19.11.2015 war falsch, weil er die Konzernabschlüsse 2013, 2014 und 2015 der Steinhoff International Holdings Limited beinhaltete.

5. Es wird festgestellt: Die Beklagte hat gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. (in der Fassung vor dem 03.07.2016) sowie gegen Art. 17 MAR verstoßen, indem sie es unterlassen hat, am 07.12.2015 sowie an jedem Folgetag bis zum 05.12.2017 die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass die geprüften Konzernabschlüsse der Steinhoff International Holdings Limited (SIHL) für die Jahre 2013, 2014 und 2015 falsch sind.

6. Es wird festgestellt: Die Beklagte hat gegen Art. 17 MAR verstoßen, indem sie es bis zum 05.12.2017 unterlassen hat, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass der geprüfte Konzernabschluss der Steinhoff International Holdings N.V. für das Jahr 2016 falsch ist.

VI.

Lebenssachverhalt

Der Kläger begehrt als Aktionär der Beklagten, einer niederländischen Aktiengesellschaft, die seit dem 07.12.2015 unter der ISIN NL 0011375019 im Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert, von der Beklagten Schadensersatz wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen, wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, wegen fehlerhafter Finanzberichterstattung und wegen sittenwidriger Schädigung.

VII.

Eingang des Musterverfahrensantrags bei dem Prozessgericht

27.03.2018 (Ziffer 1., 2.)

21.08.2018 (Ziffer 3., 4., 5., 6.)

Im Übrigen wird der Musterfeststellungsantrag des Klägers vom 03.08.2018, eingegangen bei Gericht am 21.08.2018, dass

7. für die Klagen von Investoren, welche Schadensersatzansprüche nach §§ 37b, 37c WpHG a.F. bzw. §§ 97, 98 WpHG, § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 37v WpHG a.F., § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 37w WpHG a.F., § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 114 WpHG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 115 WpHG aufgrund von Erwerben von Aktien der Steinhoff International Holdings N.V. mit der ISIN NL 0011375019 im Zeitraum vom 07.12.2015 bis zum 05.12.2017 betreffen, das Landgericht Frankfurt am Main international, sachlich und örtlich zuständig ist,

8. die niederländische Aktionärsvereinigung Verenigung van Effectenbezitters („VEB“) aufgrund der von ihr im Königreich der Niederlande eingereichten Klage (dagvaarding) gegen die Steinhoff International Holdings N.V. nicht dieselbe Partei i.S.d. Art. 29 EuGVVO im Verhältnis zu einer anderen natürlichen oder juristischen Person ist, wenn diese andere natürliche oder juristische Person vor einem international zuständigen deutschen Gericht ihrerseits Klage erhoben hat,

9. mittels einer durch die niederländische Aktionärsvereinigung Verenigung van Effectenbezitters („VEB“) im Königreich der Niederlande eingereichten Klage (dagvaarding) gegen die Steinhoff International Holdings N.V. nicht derselbe Anspruch i.S.d. Art. 29 EuGVVO im Verhältnis zu dem von einer anderen natürlichen oder juristischen Person klageweise vor einem international zuständigen deutschen Gericht geltend gemachten Anspruch vorliegt,

gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG als unzulässig verworfen. Gründe

Die Beklagte ist eine niederländische Aktiengesellschaft, die seit dem 07.12.2015 unter der ISIN NL 0011375019 im Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Der Kläger, ein Aktionär der Beklagten, begehrt von dieser Schadensersatz wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen, wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, wegen fehlerhafter Finanzberichterstattung und wegen sittenwidriger Schädigung.

Mit Antrag vom 26.03.2018, bei Gericht eingegangen am 27.03.2018, und vom 03.08.2018, bei Gericht eingegangen am 21.08.2018, hat der Kläger einen Musterverfahrensantrag im Sinne des KapMuG gestellt, dessen Veröffentlichung im Bundesanzeiger nach § 3 Abs. 2 KapMuG wie oben tenoriert anzuordnen ist.

Hinsichtlich der weiteren Ziffern 7., 8. und 9. ist der Musterverfahrensantrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG unzulässig.

Rechtsfragen zur Zulässigkeit des Ausgangsverfahrens können nicht zum Gegenstand eines Musterverfahrens gemacht werden, sondern sind Voraussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Musterverfahrensantrags (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2014, XI ZB 17/13, zitiert nach juris Rn. 9; OLG München, Beschluss vom 18.09.2013, 19 W 1442/13, BA S. 4). Die Zulässigkeit der Klage ist mithin kein statthaftes Feststellungsziel.

Dr. Urban