Aus dem BundesAnzeiger geplaudert
Anzeige:
Diese Entscheidung

28.05.2008

BASIC Aktiengesellschaft Lebensmittelhandel: Beschluss im Statusverfahren zur Größe des Aufsichtsrats

Landgericht München I
Justizgebäude Lenbachplatz 7
80316 München

5 HK O 2082/08

In dem Rechtsstreit

1. persönliche Daten entfernt – Antragsteller und Beteiligter –

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wirsing Hass Meinhold, Maximilianstraße 35, 80539 München, Gz.: 9.080324-3

2. BASIC Aktiengesellschaft Lebensmittelhandel, gesetzlich vertreten durch den alleinigen Vorstand persönliche Daten entfernt – Antragsgegnerin und Beteiligte –

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dipl.-Kfm. Gerhard Stiehl, Nördliche Grünwalder Straße 14, 82031 Grünwald 3. Erich Adams als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, c/o BASIC Aktiengesellschaft Lebensmittelhandel, Richard-Strauss-Straße 48, 81677 München – Beteiligter –

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Kern I Cherkeh, Königstraße 7, 30175 Hannover

erlässt das Landgericht München I, 5. Kammer für Handelssachen, durch Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Krenek, Handelsrichterin Dr. Huber und Handelsrichter Kurz ohne mündliche Verhandlung am 15.5.2008 folgenden Beschluss:

I.

Der Aufsichtsrat der Gesellschaft ist nach § 96 Abs. 1 Fallgruppe 4 AktG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Drittelbeteiligungsgesetz zusammenzusetzen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf € 50.000,– festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 ist eine Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Lebensmitteln, die Entwicklung eines Franchise-Systems für den Lebensmittelhandel sowie die Produktion von Öko-Lebensmitteln. Die Beteiligte zu 2) beschäftigt im Inland in der Regel mehr als 500 und weniger als 2.000 Arbeitnehmer. Die Satzung der Beteiligten zu 2) enthält u.a. folgende Regelung:

㤠5
Aufsichtsrat

1. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern. Er wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden. Der Aufsichtsrat kann sich eine Geschäftsordnung geben.”

Im elektronischen Bundesanzeiger vom 9.1.2008 veröffentlichte der Vorstand der Beteiligten zu 2) eine Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gemäß § 97 Abs. 1 AktG, die folgenden Wortlaut hatte:

„Der Vorstand der BASIC Aktiengesellschaft Lebensmittelhandel (im Folgenden: „BASIC AG”) ist der Ansicht, dass der Aufsichtsrat der Gesellschaft nicht mehr nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist.

Derzeit ist der Aufsichtsrat der BASIC AG noch gemäß § 96 Abs. 1 letzter Halbsatz in Verbindung mit § 101 Abs. 1 des Aktiengesetzes ausschließlich mit Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre besetzt.

Inzwischen beschäftigt die BASIC AG jedoch regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmer. Dies hat nach Ansicht des Vorstands zur Folge, dass der Aufsichtsrat nunmehr nach § 96 Abs. 1 Variante 4 und § 101 Abs. 1 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Drittelbeteiligungsgesetzes zusammenzusetzen ist.

Der Vorstand ist der Auffassung, dass nach § 5 Ziffer 1 Satz 1 der Satzung der Gesellschaft die Aktionäre (mindestens) drei Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden. Da die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 durch drei teilbar sein muss, wird der Aufsichtsrat künftig aus vier Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und aus zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zusammengesetzt werden, wenn nicht Antragsberechtigte nach § 98 Abs. 1 des Aktiengesetzes innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger das nach § 98 Abs. 1 des Aktiengesetzes zuständige Gericht (Landgericht München I, Kammer für Handelssachen) anrufen.”

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 7.2.2008 (Bl. 1/5 d.A.) hat der Beteiligte zu 1) als Aktionär der Beteiligten zu 2) einen auf § 98 AktG gestützten Antrag gestellt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es treffe zwar zu, dass der Aufsichtsrat nach § 96 Abs. 1 Fallgruppe 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG zusammenzusetzen sei, jedoch setze sich der Aufsichtsrat entgegen der Mitteilung nur aus drei Personen zusammen und nicht aus sechs Personen, was sich aus der Satzung der Beteiligten zu 2) unmittelbar ergebe. Nach § 101 Abs. 1 AktG seien künftig zwei Mitglieder von den Aktionären zu wählen und ein Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft nach den Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes zu wählen. Mit dem Inhalt könne die Bekanntmachung keinen Bestand haben.

Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, die Mitteilung des Vorstandes im elektronischen Bundesanzeiger gebe die Rechtslage zutreffend wider. Im Zuge des Statusverfahrens müsse auch die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder angegeben werden. Da die bisherige Satzung nur Regeln für die Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre vorgesehen habe, könne es nur so sein, dass die Mitglieder der Arbeitnehmer hinzutreten würden. Die Satzung habe die Zahl der Aufsichtsräte der Aktionäre nicht auf zwei Personen beschränken wollen für den Fall des Hinzukommens von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer. Daher bestehe der Aufsichtsrat künftig aus sechs Mitgliedern.

Der Vorsitzende hat mit Verfügung vom 22.2.2008 dem Vorstand, den Mitgliedern des Aufsichtsrats sowie Herrn Erich Adams als Gesamtbetriebsrat Gelegenheit gegeben, sich zu dem Antrag zu äußern. Von dieser Möglichkeit hat nur der Gesamtbetriebsrat Gebrauch gemacht durch Einreichung eines Schriftsatzes vom 3.1.30028 (Bl. 19/24 d.A.).

Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Zur Ergänzung des wechselseitigen Vortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.

II. 1. Der Antrag ist zulässig und begründet. a. Der Antrag ist zulässig. (1)

Der Antrag ist statthaft. Ist streitig oder ungewiss, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, so entscheidet darüber gem. § 98 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. AktG auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Vorliegend gehen zwar alle Beteiligten davon aus, dass der Aufsichtsrat der Beteiligten zu 2) nach der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG zu bilden ist. Allerdings hält der Beteiligte zu 1) die Bekanntmachung insofern für fehlerhaft, als die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder unzutreffend angegeben ist. In dieser Situation muss § 98 Abs. 1 Satz 1 zumindest analoge Anwendung finden, nachdem gerade auch in der Bekanntmachung die Zahl der künftigen Aufsichtsratsmitglieder genannt ist. Auch insoweit gilt der Grundgedanke dieser Vorschrift, weil das Statusverfahren der Richtigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats dienen soll (vgl. nur Hopt/Roth/Peddinghaus in: Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdn. 3 zu § 96). (2)

Da der Beteiligte zu 1) Aktionär der Beteiligten zu 2) ist, ist die Antragsbefugnis des § 98 Abs. 2 Nr. 3 AktG zu bejahen. (3)

Der Antrag wurde fristgemäß gem. § 97. Abs. 2 Satz 1 AktG gestellt, weil die Bekanntmachung in elektronischen Bundesanzeiger am 9.1.2008 erfolgte und der Antrag am 7.2.2008 bei Gericht einging. b.

Der Antrag ist auch begründet, weil die Bekanntmachung des Vorstands mit dem Gesetz nicht übereinstimmt. Auch wenn die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nunmehr nach dem DrittelbG zu erfolgen hat und damit auch die Arbeitnehmerseite diesem Organ der Gesellschaft angehören muss, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Aufsichtsrat entgegen dem Wortlaut der Satzung aus sechs Personen zusammensetzt.

Die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats wird in § 95 AktG dergestalt geregelt, dass nach Satz 1 dieser Vorschrift der Aufsichtsrat aus drei Mitgliedern besteht, und dass die Satzung eine bestimmte höhere Zahl festsetzen kann, die durch drei teilbar sein muss. Vorliegend bestand der Aufsichtsrat der Beteiligten zu 2) aus drei Mitgliedern, was in Übereinstimmung mit dem Gesetz in der Satzung, auch so festgelegt wurde. Der Umstand, dass es nunmehr zur Anwendung des Drittelbeteiligungsgesetzes kommt und die Arbeitnehmer Anspruch auf eine Beteiligung im Aufsichtsrat haben, ändert nichts an der Zahl der Mitglieder, sofern nicht die Hauptversammlung eine Änderung der Satzung beschließt. Dies ergibt sich aus der Erwägung, dass anderenfalls dem Grundsatz der Satzungsstrenge nicht Genüge getan würde. Die Festlegung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder in Abweichung von § 95 Satz 1 AktG ist eine der zentralen Aufgaben der Satzung. Änderungen der Satzung bedürfen nach der ausdrücklichen Regelung in § 179 Abs. 1 Satz 1 AktG eines Beschlusses der Hauptversammlung. Würde nunmehr die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats entsprechend der Bekanntmachung des Vorstands auf sechs erhöht, so wäre dies mit dem Grundgedanken der Exklusivzuständigkeit der Hauptversammlung unvereinbar. Solange die Hauptversammlung keine Änderung der Zahl der Mitglieder beschließt, muss es bei der gesetzlichen Regelung und der damit übereinstimmenden, deklaratorischen Bestimmung aus der Satzung der Beteiligten zu 2) verbleiben. Dem kann namentlich nicht der Gedanke entgegengehalten werden, angesichts des Umstands, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, die Satzung wolle die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre auf zwei beschränken, wenn es zur Anwendung von mitbestimmungsrechtlichen Regelungen kommt, stehe die Bekanntmachung mit dem Aktienrecht in Einklang. Eine solche Auslegung der Satzung widerspricht ihrem eindeutigen Wortlaut und greift zudem unzulässig in die Satzungsautonomie ein. 2.

Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 99 Abs. 6 Satz 7 AktG, wonach die Gesellschaft Schuldner der Kosten ist. Da der Antrag Erfolg hat, besteht auch kein Anlass für eine hiervon abweichende Entscheidung nach § 99 Abs. 6 Satz 8 AktG. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet gem. § 99 Abs. 6 Satz 9 AktG nicht statt. 3.

Die Entscheidung über den Geschäftswert ergibt sich aus § 99 Abs. 6 Satz 6 AktG; ein Grund für eine Abweichung vom regelmäßig festzusetzenden Geschäftswert ist nicht erkennbar.

Dr. Krenek Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. Huber Handelsrichterin Kurz Handelsrichter