Aus dem BundesAnzeiger geplaudert
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Diese Entscheidung

14.02.2018

Kapitalanleger-Musterverfahren ARFB gegen VW und Porsche: Befangenheitsantrag abgelehnt

OLG Celle

13 Kap 1/16

18 OH 2/16 Landgericht Hannover

Beschluss

In dem Musterverfahren

ARFB Anlegerschutz UG (haftungsbeschränkt), vertreten durch den Geschäftsführer persönliche Daten entfernt

Musterklägerin,

Prozessbevollmächtigte: TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt, Geschäftszeichen: 900001/14 TI/ZwU

gegen

1. Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstand Prof. Dr. Winterkorn, P.A.E. von Hagen u. a., Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart,

2. Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg,

Musterbeklagte,

Prozessbevollmächtigte zu 1: Rechtsanwälte Hengeler Müller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt, Geschäftszeichen: 66825785v2; 68238117 vl; 628110206 vl

Prozessbevollmächtigte zu 2: Anwaltsbüro Göhmann, Ottmerstraße 1 - 2, 38102 Braunschweig, Geschäftszeichen: 01907-11 BE/SW

Beigeladene:

HWO GmbH, Zehrensdorfer Straße 4, 15806 Zossen,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Orrick Hölters & Elsing, Heinrich-Heine-Allee 12, 40213 Düsseldorf, Geschäftszeichen: 27001.2001 (1229/11)

Trembland Concentrated Fund LP, 2711 Centerville Road, Suite 400, Wilmington, DE 19808,

Verfahrensbevollmächtigte: TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt, Geschäftszeichen: 900001/14 TI/ZwU

hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterinnen am Oberlandesgericht Rieke sowie Meier-Hoffmann und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Derks am 9. Februar 2018 beschlossen:

Die Gehörsrüge des Beigeladenen Dr. R. vom 18. Dezember 2017 gegen den Beschluss des Senates vom 28. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene Dr. R. hat die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die zulässige Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 28. November 2017, mit dem das Befangenheitsgesuch des Beigeladenen Dr. R. zurückgewiesen worden ist, bleibt ohne Erfolg.

1. Der Senat entscheidet in der vorliegenden Besetzung neben den verbliebenen Richterinnen des 1. Kartellsenats durch den dienstjüngsten Richter des nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts Celle für das Geschäftsjahr 2017 i. V. m. dem 19. Beschluss zur Änderung der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2017 vom 30. November 2017 zur Vertretung des 1. Kartellsenats berufenen 16. Zivilsenats.

2. Die Gehörsrüge des Beigeladenen vom 18. Dezember 2017 ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Beigeladenen auf rechtliches Gehör nicht verletzt hat. Vielmehr hat er das Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten des Beigeladenen Dr. R., insbesondere im Schriftsatz vom 30. Oktober 2017, bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, allerdings nicht mit dem vom Beigeladenen gewünschten Ergebnis. Das gilt insbesondere auch für den Vortrag, dass sich die drei abgelehnten Richter voreingenommen auf einen bestimmten Sachverhalt und somit auf tatsächlicher Ebene festgelegt hätten.

a) Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrages auch ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZR 82/12, juris Rn. 2 m. w. N.).

b) Der Senat hat unter II. 2. a) aa) aaa) und bbb) auf S. 4 f. des Beschlusses vom 28. November 2017 ausgeführt, dass eine Vorabfestlegung des Senats auf bestimmte Tatsachen mit den Äußerungen des Vorsitzenden Richters in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2017 im Rahmen der Bekanntgabe des nur vorläufigen Beratungsergebnisses nicht verbunden gewesen sei. Im Übrigen ergibt sich aus den weiteren - im Beschluss vom 28. November 2017 auf S. 5 wörtlich zitierten - Ausführungen des Vorsitzenden Richters, dass die dargestellte Bewertung nur als möglich erachtet bzw. vom Senat erwogen werde, und insbesondere die Folgen einer solchen Annahme nicht abschließend beraten seien. Soweit der Beigeladene Dr. R. der wiedergegebenen Aussage des Vorsitzenden „sodass man sagen kann, dass diese Leerverkäufe sehr riskant waren“ den Charakter einer finalen Feststellung beimisst, nimmt er eine andere Wertung vor als der zur Entscheidung über die Befangenheit berufene Senat in seinem Beschluss vom 28. November 2017. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehende Äußerung im Kontext verkürzt und nicht exakt dargestellt ist. Sie lautet insgesamt:

„(…) Der Kurs ist stark gestiegen und dann wieder gefallen, sodass man auch [Unterstreichung durch den Senat] sagen kann, dass diese Leerverkäufe sehr riskant waren. Wir sind uns aber nicht sicher, ob wir diesen Aspekt tatsächlich bringen können - wir haben noch nicht abschließend beraten -, weil man auch argumentieren könnte, die Leerverkäufer handeln rechtskonform. (…)“.

Eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richter aufgrund von „final und voreingenommen“ getroffener Feststellungen folgt daraus entgegen der Auffassung des Beigeladenen Dr. R. erkennbar nicht. Bei der Einführung in den Sach- und Streitstand hat der Senat hinreichend deutlich gemacht, dass der Vortrag des Vorsitzenden lediglich die vorläufige Einschätzung des Senats wiedergibt, die nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung noch der Schlussberatung bedarf.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

Rieke Meier-Hoffmann Dr. Derks

Quelle: Bundesanzeiger. Name einer natürlichen Person gekürzt.