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Diese Entscheidung

25.09.2020

Kapitalanleger-Musterverfahren Deka ./. VW/Porsche: Zusätzliche Feststellungsziele

Oberlandesgericht Braunschweig Beschluss

3 Kap 1/16

In dem Kapitalanleger-Musterverfahren

Deka Investment GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Name entfernt und den Prokuristen Name entfernt, Mainzer Landstraße 16, 60325 Frankfurt am Main, Musterklägerin,

Verfahrensbevollmächtigte: TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt b. Tübingen,

gegen

1. Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg, Musterbeklagte zu 1),

Verfahrensbevollmächtigte:

a) Göhmann Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Ottmerstraße 1–2, 38102 Braunschweig,

b) SZA Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Otto-Beck-Straße 11, 68165 Mannheim

2. Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart, Musterbeklagte zu 2),

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hengeler Mueller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt am Main,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäde, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hoffmann und den Richter am Oberlandesgericht Stephan am 23. September 2020 beschlossen:

A.

Das Musterverfahren wird um folgende Feststellungsziele erweitert:

I.

Auf Antrag der Musterbeklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019

2. a) (7)

Es wird festgestellt, dass der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen bei

(a) den allein für die Erfüllung der Ad hoc-Publizitätspflicht handlungsverantwortlichen Vorstandmitgliedern des Emittenten;

(b) – hilfsweise – mindestens einem Vorstandsmitglied des Emittenten;

(c) – äußerst hilfsweise – mindestens einem Vorstandsmitglied oder einem Mitglied eines Gremiums, auf das die Ad hoc-Pflicht ausdrücklich delegiert wurde,

im Hinblick auf alle eine Veröffentlichungspflicht begründenden Umstände voraussetzt.

2. a) (10)

Es wird festgestellt, dass der Vorstand der Musterbeklagten zu 1) sich zur Erfüllung seiner Ad hoc-Verantwortung der „Konzern-Clearingstelle für Ad hoc-Publizität“ bedient und damit eine Delegationsentscheidung im Sinne der Feststellungsziele 7 c, 8 c und 9 b getroffen hat. Eine weitergehende konkludente Delegationsentscheidung wurde von dem Vorstand der Musterbeklagten zu 1 nicht getroffen.

2. a) (11)

Es wird festgestellt, dass sich die Kenntnis i.S.d. § 37b Abs. 1 WpHG a.F. auf sämtliche weiteren Elemente des objektiven Tatbestandes beziehen muss.

2. a) (14)

Es wird festgestellt, dass die kapitalmarktrechtliche Haftung nach § 37b WpHG a.F.

(a) keine zurechnungsbegründenden Organisations-, Compliance- oder Informationsbeschaffungspflichten des Vorstands des Emittenten beinhaltet, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten ausscheidet;

(b) – hilfsweise – lediglich eine kapitalmarktspezifische Instruktionspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch Erlass einer ordnungsgemäßen, die Anforderungen des BaFin-Emittentenleitfaden in der jeweils gültigen Fassung genügenden Organisationsanweisung erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser Instruktionspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) – hilfshilfsweise – schuldhafter Verletzung dieser Instruktionspflicht in Betracht kommt;

(c) – äußerst hilfsweise – lediglich eine allgemeine kapitalmarktspezifische Organisationspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch den Aufbau einer ordnungsgemäßen Ad hoc-Struktur erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser kapitalmarktspezifischen Organisationspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) – hilfshilfsweise – schuldhafter Verletzung dieser kapitalmarktspezifischen Organisationspflicht in Betracht kommt;

(d) – höchst äußerst hilfsweise – lediglich eine allgemeine Organisationspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch anerkannte Standards erfüllende Unternehmens- und Compliancestrukturen erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser allgemeinen Organisationspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) – hilfshilfsweise – schuldhafter Verletzung dieser allgemeinen Organisationspflicht

in Betracht kommt.

II.

Auf die Anträge von California State Teachers’ Retirement System (CalSTRS) u.a. sowie Wells Fargo Funds Trust u.a.

1.

Aus dem Schriftsatz der Kanzlei quinn emanuel vom 26. Januar 2017

IV

Die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung der Insiderinformation, dass die Musterbeklagte zu 1) gegenüber der EPA und CARB am 3. September 2015 eingestanden hat, die Stickoxidausstoßwerte in bestimmten Diesel-Pkw mittels einer in den USA als illegal einzustufenden Softwareveränderung (defeat device) manipuliert zu haben (Feststellungsziel A.XVIII I.-3. des Vorlagebeschlusses vom 5. August 2016), hat die Musterbeklagte zu 1) spätestens mit Ablauf des 4. September 2015 verletzt.

2.

Aus den Schriftsätzen der Kanzlei quinn emanuel vom 31. Mai 2019 und 30. September 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz der Kanzlei Arnold & Porter vom 15. Oktober 2019

6.a)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war spätestens ab dem 6. Juni 2008 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage war, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Diese Personen entschieden sich daher (bzw. nahmen Entscheidungen anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2009, auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Daraufhin wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2009 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2008 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.b)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2010 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2009, bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2010, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2010, weiterhin und wie bereits für das Modelljahr 2009 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2010 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2009 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.c)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2011 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2010 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2011, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2011, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 und 2010 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2011 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2010 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.d)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2012 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2011 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2012, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2012, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2011auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2012 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2011 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.e)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten),, Fahrzeuge des Modelljahres 2013 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2012 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2013, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2013, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2012 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx- Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2013 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2012 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.f)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2014 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2013 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2014, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2014, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2013 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2014 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2013 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.g)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2015 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2014 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2015, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2015, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2014 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2015 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2014 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

7.

Die US Umweltbehörden EPA und CARB haben im Mai 2014 wegen im Normalbetrieb (außerhalb von Testumgebungen) auffälliger Stickoxid-Emissionswerte bei Diesel-Fahrzeugen der Musterbeklagten zu 1) Ermittlungen aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren in den USA sämtliche Diesel-PKW ab dem Modelljahr 2009 von der Musterbeklagten zu 1) allein auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware scheinbar erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung, wie Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, wussten, Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr gebracht worden. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmte Diesel-PKW der Musterbeklagten zu 1) ab dem Modelljahr 2009 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet, obschon Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, deren Unzulässigkeit spätestens am 30. September 2008 ebenso kannten, wie das Unvermögen, die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte mit den Diesel-PKW der Musterbeklagten zu 1) ohne den Einsatz unzulässiger Motorsteuerungssoftware einzuhalten.

(i)

Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. Mai 2014 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii)

Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii)

Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv)

Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

B.



Gründe:

A. Zugelassene Erweiterungsanträge

I.

Erweiterungsanträge der Musterbeklagten aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 zu Ziffern 2. a) (7), (10), (11) und (14)

In Bezug auf die Erweiterungsanträge zu 2. a) (7), (10) und (11) sowie teilweise zu 2. a) (14) – nämlich soweit dieser § 37b WpHG in der bis zum 2. Januar 2018 geltenden Fassung (im Folgenden § 37b WpHG a.F.) betrifft – sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG erfüllt.

Es handelt sich um „weitere“ Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG, die Entscheidung eines Teils der zugrunde liegenden Rechtsstreite hängt hiervon ab (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG), sie betreffen den gleichen Lebenssachverhalt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG) und die Erweiterung ist sachdienlich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG).

Die zugrunde liegenden Fragen haben neben der Beantwortung der klägerischen Feststellungsziele Relevanz. Sie sind – anders als die zurückgewiesenen Feststellungsziele aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 (dazu unten B. I. 2.) – keine Vorfragen zu Tatbestandsmerkmalen, die ihrerseits Gegenstand von Feststellungszielen sind, über die der Senat mit Bindungswirkungswirkung zu entscheiden hat. Die zu den jeweiligen Zeitpunkten beantragte Feststellung des Vorliegens einer Insiderinformation erfordert keine Entscheidung über die Frage, ob der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen im Hinblick auf alle eine Veröffentlichungspflicht begründenden Umstände bei einem bestimmten Personenkreis voraussetzt. Auch die auf den subjektiven Tatbestand gerichteten Feststellungsziele der Klägerseite machen eine Befassung mit den Erweiterungsanträgen der Musterbeklagten zu 1) zu 2. a) (7), (11) und (14) nicht bzw. nicht notwendig überflüssig. Der Senat geht nach vorläufiger Rechtsauffassung davon aus, dass der subjektive Tatbestand des § 37b Abs. 2 WpHG a.F. auch dann erfüllt sein kann, wenn das erforderliche qualifizierte Verschulden bei dem verantwortlichen Bereichsleiter vorgelegen hat (vgl. Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2019, Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll, S. 29, 30). In dieser Konstellation würde eine Beantwortung der Feststellungsziele der Klägerseite zum Verschulden nicht ohne weiteres eine Klärung der Frage herbeiführen, ob der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen bei den handlungsverantwortlichen Vorstandmitgliedern voraussetzt und ob bzw. inwieweit insoweit eine Wissenszu(sammen)rechnung zu erfolgen hat.

Zutreffend weist die Musterbeklagte zu 1) in ihrem Schriftsatz vom 17. September 2020 darauf hin, dass die vorstehenden Erwägungen auch für das Feststellungsziel 2. a) (10) zutreffen. Die hierin enthaltene Feststellung, dass sich der Vorstand der Musterbeklagten zu 1) der „Konzern-Clearingstelle für Ad hoc-Publizität“ bedient und eine weitere Delegationsentscheidung nicht getroffen hat, kann bereits auf der Ebene des objektiven Tatbestands relevant werden. Würde das Feststellungsziel zu 2. a) (7) (c) bejaht werden, würde durch das im Erweiterungsantrag zu 2. a) (10) enthaltene Feststellungsziel der Personenkreis konkretisiert, dessen etwaige Kenntnis relevant wäre.

In Bezug auf den Erweiterungsantrag zu 2. a) (14) führen die oben genannten Erwägungen zu folgender Differenzierung. Ausgehend von der Rechtsauffassung der Musterbeklagten, der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. enthalte ein Kenntniserfordernis, könnten die in 2. a) (14) enthaltenen Feststellungsziele Relevanz entfalten. Insoweit enthalten die Feststellungsziele auch nicht lediglich Vorfragen zu Tatbestandsmerkmalen, über die ohnehin mit Bindungswirkung zu entscheiden ist. Etwas anderes gilt in Bezug auf den subjektiven Tatbestand der geltend gemachten Haftungsnormen. Zutreffend weist die Musterbeklagte zu 1) darauf hin, dass sich die Frage der Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter möglicherweise auch im Rahmen des Verschuldens stellen könnte. Insoweit handelt es sich allerdings lediglich um eine Vorfrage der ohnehin zu beantwortenden Feststellungsziele zum Verschulden. Bei isolierter Betrachtung des subjektiven Tatbestands bestünde vor diesem Hintergrund kein Bedürfnis für eine Entscheidung über die Feststellungsziele zu 2. a) (14).

Soweit sich der Erweiterungsantrag zu 2. a) (14) auf die Haftung nach § 37c WpHG a.F. bezieht, lässt sich die Sachdienlichkeit erst im Zusammenhang mit der Zulassungsentscheidung über die weiteren Erweiterungsanträge der Musterklägerin aus dem Schriftsatz vom 14. Februar 2020 beurteilen. Insoweit bleibt die Entscheidung einer weitergehenden Zulassung des Erweiterungsantrags zu 2. a) (14) somit vorbehalten. Von den bereits verfahrensgegenständlichen Feststellungszielen betrifft nur das Ziel XXII Ansprüche aus § 37c Abs. 1 WpHG a.F. Das Feststellungsziel zu XXII 4. ist auf die Feststellung gerichtet, „die Beklagte" habe die Unrichtigkeit der Insiderinformationen gekannt. Die Frage einer etwaigen Wissenszurechnung ist bei diesem Feststellungsziel inzident zu beantworten. Insoweit handelt es sich bei den in den Feststellungszielen zu (14) (a) — (d) im einzelnen aufgeführten Rechtsfragen lediglich um Vorfragen.

II.

Erweiterungsanträge der Beigeladenen California State Teachers’ Retirement System (CalSTRS) u.a. 1.

Aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2017 zu IV

Die Voraussetzungen für die Zulassung dieses Erweiterungsantrags liegen vor.

Es handelt sich um ein „weiteres“ Feststellungsziel i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Ein „weiteres" Feststellungsziel ist nur dann gegeben, wenn es nicht bereits Gegenstand des Musterverfahrens ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob es nicht bereits — ggf. mit anderer Formulierung oder anders eingebettet — geltend gemacht worden ist (Senat, Beschluss vom 20. Juni 2019 – 3 Kap 1/16 –; Gängel/Huth/Gansel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 15 KapMuG, Rn. 7). Dies ist hier nicht der Fall. Der Erweiterungsantrag geht über das Feststellungsziel XVIII aus dem Vorlagebeschluss hinaus. Dieses ist auf die Feststellung gerichtet, dass der Umstand des Geständnisses vom 3. September 2015 „unverzüglich“ zu veröffentlichen war. Diese Feststellung würde keine Prüfung erfordern, innerhalb welchen Zeitraums die in Rede stehende Information – ihre Qualität als Insiderinformation unterstellt – hätte veröffentlicht werden müssen. Da die Musterbeklagte zu 1) diese Information nicht veröffentlicht hat, ist die Veröffentlichung – bei unterstellter Veröffentlichungspflicht – in jedem Fall nicht unverzüglich erfolgt, ohne dass es einer datumsmäßigen Festlegung bedürfte. Der Erweiterungsantrag konkretisiert den Zeitpunkt der Veröffentlichungspflicht mit dem Zusatz „spätestens mit Ablauf des 4. September 2015“ und geht insoweit über das Feststellungsziel aus dem Vorlagebeschluss hinaus.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 KapMuG sind erfüllt.

Der Erweiterungsantrag ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit zurückzuweisen. Die Formulierung „spätestens mit Ablauf des 4. September 2015“ umschreibt den Prüfungsgegenstand des Feststellungsziels hinreichend klar. Sollte zu irgendeinem Zeitpunkt am 3. oder 4. September eine Ad-hoc-Pflicht bestanden haben, wäre die beantragte Feststellung mit der gewünschten Formulierung „spätestens mit Ablauf des 4. September 2015“ zu treffen.

Die begehrte Feststellung hat auch nicht das Bestehen eines Anspruchs als solchen zum Gegenstand. Der Antrag fasst lediglich die Merkmale des Vorliegens einer Insiderinformation und die Verletzung der Pflicht zur Veröffentlichung derselben in einem Feststellungsziel zusammen. Diese Bündelung führt nicht dazu, dass „das Bestehen eines Anspruchs als solches“ zum Prüfungsgegenstand des Feststellungsziels wird.

2.

Aus den Schriftsätzen vom 31. Mai 2019 und 30. September 2019 zu 6. und 7.

Auch für diese Erweiterungsanträge liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG vor. Die Erweiterungsanträge zu 6. sind jedoch nicht hinreichend bestimmt, soweit sie auf die Feststellung gerichtet sind, dass die eingesetzte Manipulationssoftware außerhalb der USA gegen geltende Vorschriften verstieß. Die Erweiterungsanträge sind deshalb mit der Einschränkung zuzulassen, dass nur der Verstoß gegen die in den USA geltenden Vorschriften Gegenstand der Feststellungsziele ist.

a)

Die Erweiterungsanträge zu 6. enthalten zunächst weitere Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Sie benennen für unterschiedliche Zeitpunkte verschiedene Umstände, die in ihrer Gesamtheit zum jeweiligen Zeitpunkt eine Insiderinformation begründen sollen. Die Fassung der Feststellungsziele soll den in der Corealcredit-Bank-Entscheidung enthaltenen Vorgaben für die erforderliche Bestimmtheit von Feststellungszielen Rechnung tragen, die im Vorlagebeschluss des Landgerichts noch nicht berücksichtigt werden konnten. Dies führt dazu, dass die in den Erweiterungsanträgen zur Prüfung gestellte Informationslage umfassender ist, als dies bei den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses der Fall ist. Dies gilt auch im Verhältnis zum Feststellungsziel zu Ziffer A. V. des Vorlagebeschlusses. Die Erweiterungsanträge zu 6. gehen insoweit über das Feststellungsziel zu A. V. hinaus, als sie die weitergehenden Informationen enthalten, dass die Musterbeklagte zu 1) nicht in der Lage gewesen sei, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen, und dass die Einhaltung der tatsächlich nur durch Manipulation erreichten Testwerte Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung der Fahrzeuge gewesen sei. Die Feststellungsziele knüpfen zudem an andere Zeitpunkte an.

Die in den Erweiterungsanträgen enthaltenen Feststellungsziele sind auch weitestgehend hinreichend bestimmt. Zwar greift der Einwand der Musterbeklagten durch, dass die in den Erweiterungsanträgen enthaltene Formulierung „eine nach geltenden Vorschriften (insbesondere der USA) unzulässige Manipulationssoftware“ nicht hinreichend bestimmt ist, soweit der Prüfungsgegenstand durch das Wort „insbesondere“ auch auf Vorschriften außerhalb der USA erstreckt werden soll. Dies führt aber nicht zu einer Unzulässigkeit des gesamten Feststellungsziels. Lediglich der von der Formulierung betroffene, nicht bestimmte Teil des Feststellungsziels ist unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 – II ZB 14/16). Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Feststellungsziele insoweit zulässig sind, als die Feststellung begehrt wird, dass die Software in den USA unzulässig ist. Mit dieser Einschränkung sind die Erweiterungsanträge zuzulassen.

Die weiteren Einwendungen gegen die Bestimmtheit der Erweiterungsanträge greifen nicht durch.

Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass eine fiktive Ad-hoc-Mitteilung formuliert wird. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 10. Juli 2018 – II ZB 24/14 –, juris) müssen die (jeweiligen) Feststellungsziele (lediglich) bestimmt bezeichnen, welche konkreten Umstände, die in ihrer Gesamtheit eine Insiderinformation bilden sollen, Gegenstand der rechtlichen Prüfung im Musterverfahren sein sollen (a.a.O., Rn. 33). Diese Anforderung kann erfüllt werden, ohne dass hierfür ein konkreter Formulierungsvorschlag unterbreitet werden muss. Aus der vorgenannten Entscheidung ergibt sich auch nicht – wie die Musterbeklagte zu 1) meint –, dass bei einem Compliance-Verstoß die in Betracht kommenden Folgen zum Inhalt des Feststellungsziels gemacht werden müssten. Entscheidend ist allein, dass die zu prüfende – nicht öffentlich bekannte – Informationslage im Feststellungsziel bestimmt bezeichnet ist. Die so bestimmte Informationslage wird daraufhin überprüft, ob sie kursrelevant ist. Dabei können auch solche öffentlich bekannten Umstände berücksichtigt werden, die nicht im Feststellungsziel genannt sind.

Auch die verwendete Formulierung „Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind“, ist hinreichend bestimmt. Der Prüfungsumfang, der sich für den Senat hier stellt, erstreckt sich nicht auf eine unüberschaubare Anzahl von Personen. Er richtet sich vielmehr nach dem wechselseitigen Vortrag zu den in Betracht kommenden, namentlich benannten Personen. Auf wen hier abzustellen ist, würde sich ggf. aus den Gründen des Musterentscheids ergeben, der an der Bindungswirkung teilnimmt. Das gleiche gilt für die „früheren öffentlichen Verlautbarungen“ zur Einhaltung der in den USA vorgegebenen Stickoxid-Grenzwerte. Auch hier bestimmt und begrenzt der Parteivortrag den Prüfungsumfang des Senats. Ferner ist auch eine hinreichende zeitliche Konkretisierung in den einzelnen Erweiterungsanträgen enthalten. Die Feststellungsziele sind darauf gerichtet, dass die dort genannte Informationslage jedenfalls bis zum 31. August des jeweiligen Jahres eine zu veröffentlichende Insiderinformation dargestellt habe („spätestens am 31. August 2008“ usw.).

Die Feststellungsziele sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu unbestimmt, dass sie auf die „jeweils“ in den USA geltenden NOx-Grenzwerte abstellen. Die Feststellungsziele sind hinreichend bestimmt auf die Feststellung gerichtet, dass die Musterbeklagte zu 1) während des jeweiligen Zeitraums nicht in der Lage war, Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsziele.

Die Feststellungsziele sind auch entscheidungserheblich i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG. In den Ausgangsverfahren werden Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Ad-hoc-Pflichtverletzungen für Investitionsentscheidungen im maßgeblichen Zeitraum geltend gemacht. Sollten die Feststellungsziele oder eines von ihnen bejaht werden, wäre die entsprechende Ad-hoc-Pflichtverletzung mit Bindungswirkung für das Ausgangsverfahren festgestellt; umgekehrt wäre die fehlende Pflichtverletzung verbindlich festgestellt, wenn die Feststellungsziele verneint würden. Weitergehender Sachvortrag als der bereits umfangreich gehaltene ist zur Prüfung der Entscheidungserheblichkeit der Erweiterungsanträge nicht erforderlich. Gegenstand der Feststellungsziele und Erweiterungsanträge sind sämtliche Voraussetzungen einer Haftung aus § 37b WpHG a.F. bzw. § 826 BGB, einschließlich Verjährungs-, Kausalitäts- und Schadensfragen. Die Frage, ob der Vortrag, der zur Begründung der Feststellungsziele angeführt wird, schlüssig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit des Erweiterungsantrags, sondern der Begründetheit des Feststellungsziels. Auch der darüber hinaus erhobene Einwand, der Erweiterungsantrag müsse (sämtliche) zur Begründung des jeweiligen Feststellungsziels dienenden Tatsachen und Beweismittel enthalten, greift nicht durch. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KapMuG muss der Antrag die Feststellungsziele und die öffentliche Kapitalmarktinformation enthalten. Daneben wird zu verlangen sein, dass der Antrag die weiteren Tatsachen mitteilt, die das Oberlandesgericht für die Beurteilung der Zulässigkeit des Antrags benötigt (Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15, Rn. 22; Kruis, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 15 KapMuG, Rn. 7). Hierfür ist es aber ersichtlich nicht erforderlich, den bereits umfassend gehaltenen Vortrag im Musterverfahren nebst Beweisantritten im Erweiterungsantrag zu wiederholen.

Die Erweiterungsanträge betreffen schließlich auch den gleichen Lebenssachverhalt im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG. Dies gilt – ohne dass es hierauf für die Zulassung der Erweiterungsanträge ankommt – auch, soweit die Kursrelevanz der in den Feststellungszielen aufgeführten Umstände u.a. mit der Kommunikation der Musterbeklagten zu 1) zur sog. „Strategie 2018“ begründet wird. Ob auch solche Erweiterungsanträge den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, die Ansprüche aus § 826 BGB aufgrund behaupteter falscher Angaben zur Strategie 2018 ohne Bezug zur Ad-hoc- bzw. Regelpublizität der Musterbeklagten zu 1) zum Gegenstand haben, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.

b)

Die von der Musterbeklagten zu 1) erhobenen Einwendungen (Schriftsatz vom 24. Juli 2020, S. 135, 136) gegen den Erweiterungsantrag zu Ziffer 7. sind mit denen zu 6. identisch. Es kann deshalb auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Auch die von der Musterbeklagten zu 2) erhobenen weiteren Einwendungen gegen die Zulassung dieses Erweiterungsantrags greifen nicht durch. Aus dem Sinnzusammenhang dieses Feststellungsziels ergibt sich ohne weiteres, dass mit der Formulierung „Einsatz unzulässiger Motorsteuerungssoftware“ auf die im selben Feststellungsziel verwendete Formulierung „nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware“ Bezug genommen wird.

Die mit dem Erweiterungsantrag begehrte Feststellung ist auch nicht vollständig im Feststellungsziel A. XII des Vorlagebeschlusses enthalten. Das Feststellungsziel geht insoweit über das Feststellungsziel aus dem Vorlagebeschluss hinaus, als es – den Anforderungen der Corealcredit-Bank-Entscheidung entsprechend – die aus Sicht der Kläger maßgebliche Gesamtinformationslage enthält. Insbesondere enthält der Erweiterungsantrag die begehrte Feststellung, dass in sämtliche Dieselfahrzeuge seit 2009 eine nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware eingebaut wurde und nur so die für die Zulassung erforderlichen Testwerte erreicht werden konnten. Hierbei handelt es sich um einen für die Bewertung der Gesamtinformationslage wesentlichen Gesichtspunkt.

III.

Erweiterungsantrag der Beigeladenen Wells Fargo Funds Trust u.a. aus dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2019 zu (3)

Dieser Erweiterungsantrag ist darauf gerichtet, die oben unter II. behandelten Erweiterungsanträge der Beigeladenen California State Teachers’ Retirement System u.a. jeweils mit einer weiteren Ziffer (iv) um die Feststellung zu ergänzen, dass die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2006 (gemeint ist offensichtlich der 1. Juli 2016, vgl. Schriftsatz vom 19. Juni 2019, S. 7) geltenden Fassung erfolgte.

Auch für diesen Erweiterungsantrag liegen die Voraussetzungen des § 15 KapMuG vor. Es handelt sich zunächst um weitere Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Der Bezugspunkt für das festzustellende qualifizierte Verschulden, nämlich die jeweilige Informationslage, ist ein anderer als in den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses. Der Erweiterungsantrag ist auch hinreichend bestimmt. Es ist unschädlich, dass dieser auf die in den Schriftsätzen der Beigeladenen California State Teachers’ Retirement System u.a. formulierten Erweiterungsanträge Bezug nimmt. Die Erweiterungsanträge werden mit diesem Beschluss zeitgleich zugelassen. Es lässt sich vor diesem Hintergrund ohne weiteres ein Bezug zu den in diesen Erweiterungsanträgen enthaltenen Feststellungszielen herstellen (s. Tenor zu A. II. 2.).

B. …

Dr. Jäde Dr. Hoffmann Stephan