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Diese Entscheidung

28.03.2022

MS HAMMONIA PALATIUM Schiffahrts GmbH & Co. KG, MarCalabria Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG: Musterkläger ohne Erfolg

Az.: 13 Kap 7/19

Verkündet am 26.01.2022

Name entfernt, JFAnge Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Beschluss

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In der Sache

persönliche Daten entfernt - Musterkläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Fischer, Hedwigstraße 12 b, 38118 Braunschweig, Gz.: 448/16

gegen

1) HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer FNamen entfernt
2) HCI Treuhand GmbH & Co KG, vertreten durch die Komplementärin Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Name entfernt, Herdentorsteinweg 7, 28195 Bremen - Musterbeklagte -

3) HCI Treuhand Service GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Name entfernt, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg - Musterbeklagte -

4) HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG, vertreten durch die Geschäftsführung, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg - Musterbeklagte -

5) Peter Döhle Schiffahrts-KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg - Musterbeklagte -

Prozessbevollmächtigte zu 1 - 3: Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Ulmenstraße 23 - 25, 60325 Frankfurt

Prozessbevollmächtigte zu 4 und 5: Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 112537/17/A-JBo/vka

Nebenintervenientin zu 1: RTC Revision Treuhand Consulting GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG, Burchardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 00344-17/HahC/THei

Nebenintervenientin zu 4 und 5: AVA Aktiengesellschaft für Vermögensplanung und Anlagenmanagement AG, Südliche Münchner Straße 56, 82031 Grünwald

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Thelen & Reiners, Klugstraße 39, 80638 München, Gz.: mm 008/17/R

Nebenintervenient zu 1, 4 und 5: Josef Huber, Prälat-Walter-Straße 32/1, 89584 Ehingen

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Agrippinawerft 24, 50678 Köln, Gz.: 58018/17

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Agrippinawerft 24, 50678 Köln, Gz.: 28018/17 BE/Kb

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beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht - 13. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 26.01.2022:

1.

Die Feststellungsanträge zu lit. C. des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 16.01.2019 sind unbegründet.

2.

Die übrigen Feststellungsanträge des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 16.01.2019 zu lit. A. sowie die Erweiterungsanträge aus dem Schriftsatz vom 18.09.2019 sind gegenstandslos.

3.

Die Erweiterungsanträge aus dem Schriftsatz vom 15.06.2021 werden als unzulässig zurückgewiesen.

4.

Dem Vertreter des Musterklägers, Rechtsanwalt Dr. Fischer, wird gemäß § 41a RVG eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 0,2 nach dem Wert der Summe der ausgesetzten Verfahren bewilligt. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

5.

Der Wert sämtlicher ausgesetzter Verfahren beträgt € 5.851.327,00.

Gründe:

I.

Das vorliegende KapMuG-Verfahren bezieht auf den am 29.05.2006 veröffentlichten Prospekt zum Beteiligungsangebot HCI Shipping Select XX, bestehend aus den sieben Einschiffsgesellschaften MS „HAMMONIA PALATIUM“ Schiffahrts GmbH & Co. KG, MarCalabria Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, MS „Benedikt Rambow“ Reederei Rambow GmbH & Co. KG, MS “COLLEEN” INTERSCAN Verwaltungs GmbH & Co. KG, BELUGA Shipping GmbH & Co. KG MS “Bremer Motivation”, MS „Anna C” GmbH & Co. KG und MT “Gaschem Ice” GmbH & Co. KG.

Bei der Musterbeklagten zu 1 handelt es sich um die Prospektverantwortliche (vgl. S. 9 des Prospekts).

Die Musterbeklagte zu 2) ist Gründungsgesellschafterin (Kommanditkapital an den sieben Einschiffsgesellschaften jeweils € 1.000,00, vgl. S. 32 f. des Prospekts) und mit 50 % bzw. 51 % an der jeweiligen Komplementärin der Einschiffsgesellschaft beteiligt (vgl. S. 26 ff. des Prospekts). Sie erhielt Vergütungen für die Treuhandtätigkeit (0,1 % p.a. des verwalteten Kapitals; Erhöhung ab 1.1.2008 um 2,5 % p.a.; Pauschalgebühr von 0,15 % des verwalteten Kapitals während der Platzierungsphase, vgl. S. 36 des Prospekts und Treuhandvertrag, S. 198). Außerdem erhielt sie eine Vergütung aus einem Servicevertrag (insbesondere für Marktanalysen) i.H.v. € 50.800,00 p.a. zzgl. USt sowie eine einmalige Vergütung von € 76.200,00 für die Einrichtung der administrativen Organisation, vgl. S. 36 des Prospekts und Servicevertrag, S. 201).

Die Musterbeklagte zu 3 ist durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 11.04.2013 aus der Musterbeklagten zu 2 entstanden. Dabei wurde aus dem Gesellschaftsvermögen der Musterbeklagten zu 3 der Teilbetrieb „Asset Management und Treuhandservice“ als Gesamtheit im Wege der Abspaltung zur Aufnahme durch die Musterbeklagte zu 3 abgespalten.

Die Musterbeklagte zu 4) ist Gründungsgesellschafterin der Hammonia Palatium Schiffahrts GmbH & Co. KG mit einem Kommanditkapital von € 150.000,00 (vgl. S. 32 des Prospekts). Sie ist auch Gesellschafterin der Verkäufergesellschaft Hammonia III GmbH & Co. KG (S. 34 des Prospekts).

Die Beklagte zu 5) ist Gründungsgesellschafterin der Hammonia Palatium Schiffahrts GmbH & Co. KG mit einem Kommanditkapital von € 100.000,00 (vgl. S. 32 des Prospekts), Gesellschafterin der Verkäufergesellschaft Hammonia III Schiffahrts GmbH & Co. KG (S. 34) und Poolmanager Hammonia Palatium und der Benedikt Rambow (vgl. S. 6 + 22 des Prospekts). Mit der Musterbeklagten zu 1) ist sie über ein Joint Venture an der Musterbeklagten zu 4) beteiligt.

Das von den Anlegern einzusammelnde Fondskapital in Höhe von insgesamt € 59.300.000,00 verteilt sich auf die sieben Einschiffsgesellschaften wie folgt:

― 21,4 % (€ 12.690.200) MS „HAMMONIA PALATIUM“ Schiffahrts GmbH & Co. KG

― 20,4 % (€ 12.097.200) MarCalabria Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG

― 9,8 % (€ 5.811.400) MS „Benedikt Rambow“ Reederei Rambow GmbH & Co. KG

― 8,1 % (€ 4.803.300) MS “COLLEEN” INTERSCAN Verwaltungs GmbH & Co. KG

― 13,1 % (€ 7.768.300) BELUGA Shipping GmbH & Co. KG MS “Bremer Motivation”

― 10,0 % (€ 5.930.000) MS „Anna C” GmbH & Co. KG

― 17,2 % (€ 10.199.600) MT “Gaschem Ice” GmbH & Co. KG

Bei den sieben Fondsschiffen handelt es sich um vier Neubauten von Containerschiffen (MS Hammonia Palatium, MS Benedikt Rambow, MS Colleen, MS Beluga Motivation), ein 13 Jahre altes Vollcontainerschiff (MS MarCalabria), ein neugebautes Mehrzweckfrachtschiff (MS Anna) und ein zehn Jahre altes Gastankschiff (MS GasChem Ice). Die Schiffe verfügen über folgende Ladekapazitäten: MS Hammonia Palatium: 2.500 TEU, MS Benedikt Rambow: 1.118 TEU, MS Colleen: 957 TEU, MS Beluga Motivation: 917 TEU, MS MarCalabria: 1.684 TEU, MS Anna: 665 TEU und MS GasChem Ice: 12.196 tdw Tragfähigkeit.

Der Fonds, bestehend aus den sieben Schiffsgesellschaften, sollte plangemäß Einkünfte aus der Vercharterung der Schiffe erzielen. Die Investitionen wurden durch Eigenkapital der Anleger (€ 65,74 Mio = 38,3 %) und durch Fremdkapital (€ 105,84 Mio = 61,7 %) finanziert.

Mit Beschluss vom 16.01.2019 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele vorgelegt:

„(A.)

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt des Schiffsfonds „HCI Shipping Select XX“ vom 29.05.2006 über die Beteiligung an den sieben Einzelschiffsgesellschaften

MS ”HAMMONIA PALATIUM“ Schiffahrts GmbH & Co. KG (MS „Hammonia Palatium“)

MarCalabria Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (MS „MarCalabria“)

MS “Benedikt Rambow” Reederei Rambow GmbH & Co. KG (MS „Benedikt Rambow“)

MS “COLLEEN” INTERSCAN Verwaltungs GmbH & Co. KG (MS „Colleen“)

BELUGA Shipping GmbH & Co. KG MS “Bremer Motivation” (MS „Beluga Motivation“)

MS „Anna C” GmbH & Co. KG (MS „Anna C“)

MT “Gaschem Ice” GmbH & Co. KG (MS „GasChem Ice“)

unrichtig, irreführend und/oder unvollständig ist, da in dem Verkaufsprospekt

I. nicht über die laut Prospekt relevanten Marktumfelder und deren Entwicklung aufgeklärt wird, indem im Prospekt,

1. die veröffentlichten Daten zum Verhältnis von Angebot (Transportvolumen) und Nachfrage (Flottenwachstum) derart selektiv wiedergegeben wurden, dass die Daten ohne verwertbaren Inhalt für das Angebot-Nachfrage-Verhältnis sind, obwohl die Daten, die eine Aussage zu den jeweiligen, ausschnittsweise dargestellten Segmenten (weltweit und Containerschiffsflotte 2.500 TEU – 2.900 TEU bzw. 1.500 – 1.999 TEU bzw. 1.000 – 1.499 TEU) ermöglicht hätten, und so ein positiveres, aber falsches Bild von der Kapitalanlage vermittelt wird;

2. nicht auf das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität und damit auf eine negative Marktentwicklung hingewiesen wird, obwohl aufgrund der vorhandenen Daten zu Orderbuchbeständen und historisch belegten Verschrottungsquoten bei Prospekterstellung bereits deutliche Hinweise vorlagen;

3. nicht darüber aufgeklärt wird, dass die MS „Beluga Motivation“ aufgrund der geringen Größe und Ausstattung ohne Bordkräne einen erheblichen Wettbewerbsnachteil hat;

4. nicht über das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität für Mehrzweckfrachtschiffe aufgeklärt wird und dem Anleger suggeriert wird, der Markt für Mehrzweckfrachtschiffe unterliege eigenen Marktzyklen und sei nicht vom Containerschiffmarkt abhängig, sowie eine Orderbuchzahl von 74 Einheiten angegeben wird, obwohl tatsächlich 154 Einheiten in den Orderbüchern stehen;

II. eine falsche Einnahmeprognose und damit auch die gesamte Liquiditätsprognose fehlerhaft dargestellt wird, indem

1. das historische Hoch des Zeitchartermarktes 2 Jahre vor der Herausgabe des Prospektes in die Berechnung des langjährigen Durchschnittes eingeflossen ist;

2. in den Marktdarstellungen lediglich die historisch belegten Bruttocharterraten dargestellt werden, die langfristig kalkulierten Einnahmen der MS „Beluga Motivation“, der MS „Colleen“, der MS „Benedikt Rambow“, der MS „Hammonia Palatium“ und der MS „Anna C“ jedoch in Nettocharterraten ausgewiesen werden und somit keine Vergleichbarkeit gegeben ist;

3. bereits nicht dargestellt wird, wie sich die konkreten Einnahmen der Poolschiffe (Bruttopoolrate) und die sich daraus ergebenen Nettoeinnahmen der Poolschiffe berechnen;

4. kein pauschaler Abschlag für die Poolmitgliedschaft vorgenommen wurde;

5. nur über die Charterraten und nicht über die historisch belegten Pooleinnahmen aufgeklärt wird, obwohl der Pool bei Prospekterstellung bereits existierte und die entsprechenden Daten vorlagen;

6. die Schiffsbetriebskosten in der Spalte „b“ der Liquiditätsvorschau zu niedrig kalkuliert wurden;

7. die Kalkulation der Einnahmen und der Schiffsbetriebskosten lediglich auf Erfahrungswerten der Gesellschafter und Gesellschafterinnen der persönlich haftenden Gesellschaften der jeweiligen Schiffsgesellschaft basiert, obwohl weitere Faktoren hätten mit berücksichtigt werden müssen;

III. die Kaufpreise für die MS „Beluga Motivation“, die MS „ Mar Calabria“, die MS „ GasChem Ice“, die MS „Hammonia Palatium“ und die MS „Anna C“ verfälscht und irreführend darstellt und somit erhebliche Zwischengewinne verschwiegen werden, indem im Prospekt

1. für das Fondsschiff MS „Beluga Motivation“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 17,95 Mio. € gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 12 Mio. € gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von ca. 6,7 Mio. € verschwiegen wurde;

2. für das Fondsschiff MS „MarCalabria“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 32,3 Mio. USD gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare 15 Jahre alte Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 17,5 Mio. USD gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von ca. 15 Mio. USD verschwiegen wurde und Infahrtsetzungskosten in Höhe von 130.000 USD angesetzt wurden, obwohl das MS „MarCalabria“ bei Übergabe an die Schiffsgesellschaft bereits Infahrt gesetzt wurde;

3. für das Fondsschiff MS „GasChem Ice“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 30,45 Mio. USD gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 18,9 Mio. USD gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von über 11 Mio. USD verschwiegen wurde;

4. die einzelnen Bestandteile des tatsächlichen von der Schiffsgesellschaft zu zahlenden Kaufpreis für die MS „Hammonia Palatium“ und die MS „Anna C“ dargestellt wird, und somit dem Anleger suggeriert wird, der Kaufpreis für die beiden Fondsschiffe sei günstig, obwohl eine Addition der einzelnen Werte den Kaufpreis als nicht mehr günstig ausweist;

IV. nicht über abgeschlossene Festcharterverträge für die MS „Benedikt Rambow“ und die MS „Colleen“ aufgeklärt wird;

V. Risiken verschwiegen oder unzureichend dargestellt werden, indem im Prospekt

1. nur unzureichend über die Haftung der Schiffsgesellschaft für Verbindlichkeiten des Charterers und des Subcharters gegen Dritte mit dem Fondsschiff aufgeklärt wird;

2. bei der Darstellung der Langfristcharter nicht darauf hingewiesen wird, dass die Möglichkeit der einseitigen Verringerung der Charterraten besteht, was ein Risiko für die Anlage darstellt und dass Marktchancen nicht genutzt werden können;

3. nicht auf das Risiko des Kaskadeneffektes hingewiesen wird, obwohl die Initiatoren wussten, dass die hier relevanten kleinen Schiffsegmente von 2.500 TEU – 2.700 TEU, 1.000 TEU – 1.499 TEU und 1.500 – 1.999 TEU von den größeren Schiffe verdrängt werden und somit besonders stark von diesem Phänomen betroffen sein werden;

4. nicht über die Einflussmöglichkeiten des Poolmanagers aufgeklärt wird und zu den für die Einnahmesituation relevanten Poolfaktoren, wie u.a. die Zusammensetzung des Pools, Aufnahme weiterer Poolmitglieder, Fahrtgebiete der einzelnen Poolschiffe und den Beteiligungsschlüssel, keine oder nur unzureichende Angaben gemacht werden;

5. die gesellschaftsrechtlichen und/oder personellen Verflechtungen der Charterers einiger Poolschiffe der CSAV mit dem Poolmanager Peter Döhle Schifffahrts-KG nicht (ausreichend) offengelegt und damit nicht über bestehende Interessenkollisionen aufgeklärt wurde;

6. nicht über die von der Platzierungsgarantin (der HCI Capital AG) bereits eingegangenen Verbindlichkeiten aufgeklärt und somit über die Werthaltigkeit der Platzierungsgarantie getäuscht wird;

7. behauptet wird, es bestehe das Risiko, dass bei Fehlschlagen der Vollplatzierung nicht alle Anleger ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten, obwohl dies eine Tatsache und kein Risiko ist;

VI. über die gesamte Fondslaufzeit eine Liquiditätsreserve in Millionen-Höhe vorgehalten wird und somit eine Manipulation der Anlegerrendite möglich ist;

über wesentliche Umstände nicht aufgeklärt und damit jeweils ein wesentlicher Prospektfehler vorliegt.

(C.)

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 2), und 3) bei der Veröffentlichung des Prospekts zum Fonds HCI Shipping Select XX nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt haben.“

Mit Schriftsatz vom 18.09.2019 hat der Musterkläger die vom Landgericht festgestellten Feststellungsziele begründet und dabei diese Feststellungsziele teilweise erweitert, beschränkt und umformuliert:

Mit Schriftsatz vom 15.06.2021 hat der Musterkläger beantragt, die Feststellungsziele nach § 15 KapMuG zu erweitern und als weitere Feststellungsziele festzustellen:

Die Musterbeklagten zu 1.-5. sind Haftungsadressaten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 31 BGB analog und § 264a Abs. 1 StGB.

Der Musterkläger hat die von ihm im Schriftsatz vom 18.09.2019 formulierten Feststellungsziele begründet. Wegen des Inhalts der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 18.09.2019, 15.05.2020, 19.08.2020, 15.06.2021 Bezug genommen.

Die Musterbeklagten sind dem entgegen getreten. Wegen der Begründung wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 10.02.2020, 24.02.2020, 26.07.2021 und 27.07.2021. II.

Die vom Musterkläger begehrten Feststellungen sind nicht zu treffen.

1. Zu lit. C. des Vorlagebeschlusses

Die Feststellungsziele gemäß lit. C. des Vorlagebeschlusses des Landgerichts vom 16.01.2019 sind unbegründet.

Eine Haftung der Musterbeklagten als Gründungsgesellschafter aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB kann nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung - hier gemäß § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung - verdrängt (BGH, Beschluss vom 08.06.2021, XI ZB 22/19 - juris Rn. 31).

Die Musterbeklagte zu 1 ist Gründungsgesellschafterin und Prospektverantwortliche nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG aF, da sie im Prospekt auf S. 12 als Prospektverantwortliche genannt wird.

Die Musterbeklagten zu 2 bis 5 sind ebenfalls Gründungsgesellschafter und verantwortlich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF. Davon sind die Personen und Unternehmen erfasst, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind; Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. Von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes ist unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (zum Vorstehenden insgesamt BGH, Beschluss vom 19.01.2021, XI ZB 35/18 - juris Rn. 24).

Die Musterbeklagten zu 2 und 5 sind neben der Musterbeklagten zu 1 Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften, die Musterbeklagte zu 3 wiederum ist aufgrund des Spaltungs- und Übernahmevertrages vom 11.04.2013 aus der Musterbeklagten zu 2 hervorgegangen. Bereits die Stellung als Gründungsgesellschafter für sich genommen reicht nach der Rechtsprechung des BGH für die Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF aus (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021, XI ZB 22/19 - juris Rn. 31; BGH, Beschluss vom 12.10.2021, XI ZB 26/19, Rn. 24).

2. Zu den weiteren Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses sowie den mit Schriftsatz vom 18.09.2019 geltend gemachten Erweiterungsanträgen

Die Feststellungsziele zu lit. A. des Vorlagebeschlusses des Landgerichts vom 16.01.2019 sowie die weiteren Feststellungsziele aus dem Schriftsatz des Musterklägers vom 18.09.2019 sind gegenstandslos.

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (BGH, Beschluss vom 19.01.2021, XI ZB 35/18 - juris Rn. 30).

Der Vorlagebeschluss und die in dem Schriftsatz vom 18.09.2019 darüber hinaus formulierten Feststellungsziele sind dahin auszulegen, dass Prospektfehler ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen. So heißt es in dem Schriftsatz des Musterklägers vom 18.09.2019 zu lit. B. und C. ausdrücklich, dass es um die Feststellung einer Haftung der Musterbeklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung um weiteren Sinne geht. Im Schriftsatz vom 15.06.2021, mit dem der Musterkläger zu der Entscheidung des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/18, Stellung nimmt, führt er näher aus, dass entgegen der Ansicht des XI. Zivilsenats des BGH die Haftung der Musterbeklagten nicht durch die spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung aus § 13 VerkPG, §§ 44 ff. BörsG a.F. verdrängt werde. Diese Ausführungen zeigen deutlich, dass der Musterkläger selbst davon ausgeht, dass die gerügten Prospektfehler Grundlage einer Haftung ausschließlich nach Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB sein sollten.

Eine solche Haftung der Musterbeklagten ist aber - wie dargestellt - aus Rechtsgründen nicht gegeben, sodass es auf Feststellungen zu Prospektfehlern sowie zu weiteren Einzelfragen der Haftung und des Schadens nicht ankommt.

3. Zu den mit Schriftsatz vom 15.06.2021 geltend gemachten Erweiterungsanträgen

Soweit der Musterkläger erstmals mit Schriftsatz vom 15.06.2021 beantragt, die Feststellungsziele nach § 15 KapMuG zu erweitern und als weitere Feststellungsziele festzustellen, dass die Musterbeklagten zu 1.-5. Haftungsadressaten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 31 BGB analog und § 264a Abs. 1 StGB sind, war der Erweiterungsantrag als unzulässig zurückzuweisen.

Voraussetzung für die Zulässigkeit des Erweiterungsantrags nach § 15 KapMuG ist, dass der Individualrechtsstreit des Antragstellers von dem zusätzlich zu klärenden Feststellungsziel abhängt. Der Erweiterungsantrag ist entscheidungserheblich, wenn sich die Entscheidung über das neue Feststellungsziel auf die Entscheidung des (ausgesetzten) Ausgangsverfahrens des Antragstellers auswirken kann (Kölner Kommentar KapMuG-Vollkommer, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 14).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie der Senat dem Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 16.01.2019, Az. 334 OH 1/19, entnehmen kann, ging es dem Antragsteller in seinem (ausgesetzten) Individualrechtsstreit darum, die Voraussetzungen einer Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne klären zu lassen. Hierauf waren insbesondere seine Feststellungsziele zu lit. C. gerichtet. Der Musterkläger trägt nichts dazu vor, dass Gegenstand oder Zielrichtung des Individualrechtsstreits des Antragstellers eine deliktische Haftung der Musterbeklagten gewesen wäre. Auch seine eigene Begründung der Feststellungsziele lässt erkennen, dass es ihm selbst hierum im KapMuG-Verfahren und in seinem Ausgangsverfahren nicht ging, denn neben den Feststellungszielen wegen angeblicher Prospektmängel sind nur die Haftungsvoraussetzungen der Prospekthaftung im weiteren Sinne Gegenstand seiner Begründung der Feststellungsziele (und der von ihm abweichend vom Vorlagebeschluss formulierten Feststellungsziele). Von einer deliktischen Haftung ist erstmals im Schriftsatz vom 15.06.2021 als Reaktion auf die grundlegende Entscheidung des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/18, die Rede. Dies vermag indes keine Relevanz für das ausgesetzte Verfahren des Antragstellers zu begründen, in dem es - wie ausgeführt - zum Zeitpunkt der Aussetzung ausschließlich um eine Haftung nach c.i.c.-Grundsätzen ging.

III.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (§ 16 Abs. 2 KapMuG).

Dem Musterklägervertreter RA Dr. Fischer war gemäß § 41a RVG eine Gebühr mit einem Gebührensatz von 0,2 – und nicht wie von ihm beantragt von 0,3 – nach dem Wert der Summe der ausgesetzten Verfahren zu bewilligen. Es handelt sich um ein KapMuG-Verfahren durchschnittlichen Umfangs und mittlerer Schwierigkeit, weswegen hier der Mittelwert anzusetzen ist.

Panten

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

Löffler

Richterin am Oberlandesgericht

Dr. Tonner

Richter am Oberlandesgericht